3D-Scanning und ein Linienmodell aus der Stadtpfarrkirche
Ab und zu findet man an den Säulen der Stadtpfarrkirche noch kleine Zettelchen mit einem Fadenkreuz. Was hat es damit auf sich? Im Sommer waren Nadine Griesinger (B.A. Innenarchitektur) von Format4plus GmbH, Büro für 3D-Dokumentationen und aus Litzendorf und ihre Kollegin Katharina Hartl eine Woche lang in der Stadtpfarrkirche Bad Königshofen und haben dort das Gotteshaus mit Lasertechnik vermessen. Im Büro in Bamberg wurden in den letzten Wochen dann die Feinarbeiten vorgenommen. Aufgabenstellung war die Erstellung von Plänen und eines Linienmodells, dass das Gewölbe der Stadtpfarrkirche vereinfacht darstellt. Die Pläne und das Modell sind für die Dokumentation bei der anstehenden grundlegenden Sanierung erforderlich, die vom Architekturbüro Federlein geleitet wird. Erstellt wurden insgesamt fünf Pläne und das Linienmodell. Die Pläne umfassen einen Grundriss Plan des Erdgeschoss der Kirche, und zwei Grundrisspläne der Dächer. Dazu kommen zwei Querschnitte, einmal im Chor, und ein Querschnitt auf Höhe des dritten Jochs, sowie ein so genanntes Linienmodell.
Dieses Modell stellt sehr vereinfacht die Gewölberippen, die Gewölbesegelflächen, jeweils von unten, sowie das Gewölbe von oben dar. Nadine Griesinger: "Im Prinzip ist es also wie ein Drahtmodell, dass die drei verschiedenen Ebenen und deren Formen darstellt." Was wurde heraus gefunden? Katharina Hartl verweist auf die Pläne, woraus die Verformung der südlichen und nördlichen Außenwände der Seitenschiffe ersichtlich ist. Beide Wänden kippen geringfügig nach außen weg. Wie kann man sich das vorstellen: Nadine Griesinger: "Von einer gedachten Vertikalen am Fußboden bis Höhe Oberkante Fenster entsteht eine Horizontale von eben etwa 25 Zentimeter im Süden, im Norden ergeben sich nach dem selben Prinzip lediglich etwa 20 Zentimeter." Aber das alles ist kein Grund zur Besorgnis, sagen die Beiden, die Kirche sei nach wie vor standfest und keinesfalls einsturzgefährdent. Das Gewölbe der Stadtpfarrkirche hat übrigens eine Stärke von 16-20 cm und ist auf der Oberseite glatt verputzt.
Interessant fanden Katharina Hartl und Nadine Griesinger es, wie sich der Dachaufgang geändert hat, denn das Dach muss früher etwas höher gewesen sein. Es gibt nämlich eine abgebrochene Treppe im Bereich des Hauptchores. Ganz so einfach eine Kirche zu vermessen ist es natürlich nicht. Nadine Griesinger spricht den Laserscan an. Durch eine Dreiteilung des Daches der Stadtpfarrkirche war es auch für das Auswertungsprogramm namens SCENE schwierig, die einzelne Scanpositionen richtig zuzuordnen und zusammen zu setzen. Die Dachformen der Kirche waren ineinander geschachtelt, liefen spitzwinklig zueinander, oder lagen alle auf einer Höhe, allerdings recht unterschiedlich. Nachdem ein so genanntes Punktwolkenmodell der Kirche erstellt war, ging es an das Durchzeichnen, um die angeforderten 2D Pläne zu erhalten. "Grundsätzlich ist das nicht sonderlich schwer, nur etwas augenermüdend, den ganzen Tag auf Pixel zu schauen," sagt Nadine Griesinger.
Was wurde konkret im Dachstuhl aufgenommen? Katharina Hartl erklärt, dass von jeder Oberfläche, die der Laserstrahl erreichte, von dort zurück reflektierte Punkte entstanden. An den Balken wurden kleine Kleber mit einem Fadenkreuz, sogenannte Passpunkte, mit einem Tachymeter aufgenommen. Damit wurden Fehlstellen des Lasers ergänzt. Interessant: das gesamt Projekt umfasst ein Datenvolumen von 200 GB. Daraus entstanden Pläne und das Modell. Der Zeitaufwand liegt bei einer Woche vor Ort, hinzu kommen bis zu sieben Wochen Nacharbeit, die Nadine Griesinger alleine absolvierte. Mittlerweile liegen die Pläne und das Linienmodell beim Ingenieurbüro Federlein. Fragt man Nadine Griesinger, wie oft ihr Arbeitsplatz in Kirchen ist, lacht sie und meint: Ziemlich oft würde ich mal sagen, auch wenn es nicht immer barockisierte Kirchen mit gotischem Kern sind wie in Bad Königshofen. Fand sie es als Kind langweilig Kirchen zu besuchen, so ist das heute ganz anders. Sie betrachtet dann das Gewölbe aber auch Ausstattungselemente und das verarbeitete Material. Jedes Projekt, das sie in Angriff nimmt ist für sie, so auch Bad Königshofen, eine Herausforderung. "Bad Königshofen war sehr spannend und interessant, vor allem die Arbeit mit dem Laserscanner."