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Bei etwas Nieselregen machten sich am Freitagmorgen an die 300 Männer aus den Landkreisen Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und Thüringen auf den Weg zum oberfränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen. Kaplan Stefan Beetz, der selbst den beschwerlichen Fußmarsch auf sich nahm, besprengte die Pilger am Marktplatz kurz nach 4.20 Uhr mit Weihwasser, als sie unter dem Geläute aller Glocken und dem Lied "Beim frühen Morgenlicht" aus der Stadtpfarrkirche zogen. Nach rund 16-stündigem Fußmarsch erreichten sie gegen den 20.30 Uhr ihr Ziel. Am Sonntag werden sie gegen 19.30 Uhr wieder hierin der Stadtpfarrkirche begrüßt.

Die Geschichte der Wallfahrt von Königshofen nach Vierzehnheiligen geht eigentlich über 100 Jahre zurück. 1946 lebte die Wallfahrt erneut wieder auf. Tradition ist es mittlerweile, daß am Kreuz an der ehemaligen DDR Grenz Halt gemacht wird und man hier für den Frieden betet. Wallfahrtpfarrer ist wieder Josef Treutlein, ein gebürtiger Bad Königshofener, der heute Pfarrer in St. Josef in Grombühl bei Würzburg ist. Als Dankeschön für die Wiedervereinigung Deutschlands hatte man ein Kreuz errichten lassen, auf dessen Rückseite dieses historische Ereignis auch vermerkt ist.

Zur Königshofener Wallfahrt ist in Vierzehnheiligen bekannt, daß die erste große Kriegerwallfahrt von Königshofen nach Vierzehnheiligen im Jahre 1920 unter Führung von Wagnermeister Johann Säum stattfand. In der Chronik von Vierzehnheiligen heißt es dazu: „Es war ein imposanter Anblick, als im Frühjahr 1920 die Krieger von Königshofen im Grabfeld, über 200 an der Zahl, unter den Klängen einer Musikkapelle mit Gebet und Gesang in die Basilika ihren Einzug hielten, lauter stämmige Männer in „Feldgrau.“ Auch in den Jahren 1921 und 1922 fanden Kriegerwallfahrten statt. Die erste Männerwallfahrt nach dem Zweiten Weltkrieg fand am 25. Mai 1946 statt. Ab diesem Zeitpunkt beginnen die Eintragungen in einer Wallfahrerchronik, die Alfons Weigand aus Bad Königshofen führt. Etwa 120 Männer aus Königshofen und dem Grabfeld beteiligten an der ersten Wallfahrt

Während 1946 noch kein Geistlicher die Pilger aus dem Grabfeld begleitete, war es im folgenden Jahr. 1947 war Otto Heintz erstmals Wallfahrtsführer, von ihm übernahm es Engelbert Brüger. Sein neuer Stellvertreter ist Jochen Leber aus Wülfershausen. Er hat die Nachfolge von Josef Leber angetreten, der über viele Jahre hinweg dieses Amt inne hatte.  Eine herausragende Rolle spielt die Wallfahrt 1990. Die 276 Wallfahrer aus 50 Ortschaften durften das erste Mal über das Gebiet der damals noch existierenden DDR gehen. Das erste Tor der Grenze bei Zimmerau war offen, das andere bei Poppenhausen/Gleismuthausen verschlossen. Mit ihren Spazierstöcken hebelten die Wallfahrer die eisernen Bolzen heraus und öffnen das Tor. Der damals begleitende Pfarrer Josef Treutlein sagte dazu: „Christus hat noch andere Tore geöffnet.“

Der Geistliche schlug auch vor, irgendwo an der Wallfahrtsstrecke ein Kreuz von den Vierzehnheiligen-Wallfahrern aufstellen zu lassen. Diese Idee fand sofort große Zustimmung. Bildhauer Hubert Knobling aus Großeibstadt schuf den Korpus. Das Kruzifix auf einem Sockel, dessen Inschrift an diese historische Wallfahrt erinnert, wurde an der ehemaligen Wegesperre Zimmerau/Rieth aufgestellt und bei der Wallfahrt des Jahres 1991 eingeweiht. Über Wasmuthausen, Seßlach und Altenbanz führte der Weg die Wallfahrer am gestrigen Freitagmorgen, wobei traditionell in Seßlach nach einer längeren Pause Halt an einem Kreuz im Wald gemacht wird. Hier gedenkt man der verstorbenen Wallfahrer der vergangenen Jahre. Neben Wallfahrtspfarrer Josef Treutlein und Kaplan Stefan Beetz ist auch Pater James aus Indien dabei. Er vertritt zur Zeit in Wülfershausen Pfarrer Dr. José Karickal. Text: Hanns Friedrich

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