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Pfarrer Karl Feser hielt die Wortgottesfeiern am Pfingstsonntag in der Stadtpfarrkirche Bad Königshofen. Er ging in seiner Predigt auf die aktuelle Lage der Corona Krise ein und verglich diese mit den Aposteln, die sich nach dem Tod Jesu aus Angst ebenfalls selbst in Quarantäne befunden haben.

 In seiner Predigt zitierte der Pfarrer auch Papst Franziskus und erinnerte daran, wie der Papst zu Beginn einsam und alleine  am Petersdom in Rom stand und mahnende Worte an die Welt richtete. Angesprochen hat Pfarrer Feser die aktuelle Lage der katholischen Kirche, die sich ebenfalls in einer Krise befindet, aus die sie für die Menschen schnellstmöglich herausfinden muss.

Der Gottesdienst wurde wieder aufgezeichnet und ist im Internet unter www.pfarreiengemeinschaft grabfeldbrüDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! zu sehen.

Autor: Hanns Friedrich

Predigt – Pfingsten 2020 – nach Ideen von: -Pater Hans Hütter, 2020 -Publik Forum Dossier, Mai 2020

Der Bundesentwicklungsminister, Gerd Müller, hat Folgendes gesagt: „Die Corona-Krise ist ein Weckruf, mit Natur und Umwelt anders umzugehen. Deswegen können wir nicht einfach zur Normalität der Globalisierung zurückkehren. Der Immer-Weiter-Schneller-Mehr-Kapitalismus muss aufhören.“ Und haben wir nicht gelernt, in den vergangenen 8 Wochen nur das zu kaufen und uns das zu leisten, was wirklich nötig ist. Und die neoliberale Wirtschaft geht daran zu Grunde und nun schreit sie nach dem Sozialstaat, der sich ja eigentlich aus Allem heraushalten soll. Es wird deutlich: der herrschende Neoliberalismus ist großen Krisen nicht gewachsen. Das hat die Finanzkrise 2008 gezeigt und das zeigt sich auch bei der Klimakrise. Die Regierungen rund um die Welt versuchen nun, die ins Stocken geratene Wirtschaft mit unvorstellbaren Geldsummen wieder in Bewegung zu bringen. Wahrscheinlich handelt momentan Politik nach dem Motto: "Koste es, was es wolle!" Doch lässt sich so der Wirtschaftsmotor wieder so einfach starten? Viele Touristengebiete haben wieder geöffnet, die erhofften Gäste bleiben aber aus. Was hindert sie zu kommen? Sind es nur die strengen Auflagen? Ist es die Angst vor Ansteckung, vor einer "zweiten Welle"? Oder hat ein Umdenken eingesetzt, dessen Folgen wir noch nicht abschätzen können? Die Kulturbetriebe und der Tourismus sehen düstere Zeiten herauf kommen. Was motiviert die Menschen, ins Gasthaus zu gehen, in Urlaub zu fahren oder Kultur zu genießen? Was steuert sie? Wer oder was steuert uns? Der Konsum, der uns schmackhaft gemacht wird, die Angst vor einer Ansteckung, das Geld, das unter die Leute gebracht werden muss, die Vernunft oder der Trieb: Auf zu immer neuen Ufern?

Viele haben in den Wochen der Corona-Krise und des Lockdowns die Erfahrung gemacht, dass man auch einfacher gut leben kann. Nun hatten wir in diesem verordneten Herunterfahren, das nun schon 8 Wochen dauert, hoffentlich auch die Zeit nachzudenken. Ich kann mir vorstellten, dass bei manchen ein Umdenken einsetzt. Das wird man nicht mehr ungeschehen machen können; auch nicht, wenn alle Einschränkungen aufgehoben sind. Also niemand kann den Wandel bei den Menschen abschätzen und die daraus entstehenden Folgen. In den Lesungen haben wir vom Pfingsterlebnis der Anhänger Jesu gehört. Sie waren ebenso wie so viele momentan wegen der Corona-Krise, damals in die Quarantäne geraten, in einen unfreiwilligen Lockdown. "Aus Furcht vor den Juden" heißt es in der Bibel. Also wegen des feindlichen Umfeldes, war es wohl besser sich einzusperren. Aber da waren auch allgemeine Ratlosigkeit, Trauerverarbeitung, Diskussionen. Und da gab es Abwarten und Beten… Viel mehr an Möglichkeiten eröffneten sich zunächst nicht. Wenn wir genauer auf die biblischen Erzählungen schauen, passierte in dieser Zeit des Rückzugs doch einiges mehr: die Jünger begannen sich neu zu sortieren. Sie wählten einen Ersatz für Judas Iskariot, damit die Zwölfzahl wieder vollständig war. Sie tauschten ihre Erfahrungen aus und begriffen nach und nach, dass Jesus lebt und weiterwirkt; allerdings anders als sie es bis dahin gewohnt waren und wie sie es gerne fortgesetzt hätten.

Die 50 Tage der Quarantäne veränderten ihr Bewusstsein. Die Angst begann zu weichen, ihre alten Vorstellungen des messianischen Reiches und ihre Rollen darin, all das was sie sich erträumt hatten, war mit einem mal weggewischt. Ihre Allmachtsphantasien waren vernichtet. Dafür wächst ein neues Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. So wie es ihnen Jesus vorgemacht hatte, begannen die Provinzler aus Galiläa mit einem mal in Jerusalem, der Welthauptstadt der Religion, "Gottes große Taten zu verkünden". Und – welch eine Überraschung: Die Leute, die sich da aus der ganzen Umgegend versammelt hatten, verstehen, was sie zu sagen haben. Ja nicht nur das, sie werden gehört und von vielen ernst genommen. Also ein perfektes Wunder. Was ist geschehen? Der von Jesus versprochene Heilige Geist treibt sie an und so wachsen sie über sich hinaus. Das Geschehen von damals, lässt sich nur mit Symbolen beschreiben; mit einem Sturmwind, mit Feuerflammen und Feuerzungen. Das Pfingstfest konfrontiert uns mit der Frage, was treibt uns heute an? Was motiviert uns heute? Welcher Geist bewegt uns? Wes Geistes Kinder sind wir?

Auf unsere Gesellschaft hin gesehen: Die Coronakrise und der Lockdown stellen in Frage, was wir gesellschaftlich bisher als normal betrachtet haben: Wachstum, wirtschaftlichen Erfolg, Wohlstand, materielle Werte, Sicherheit, Freiheit… Reicht das für ein gutes Leben aller? Der Wunsch nach einer schnellen Rückkehr zu dem, was vor der Krise als Normalität galt ist jedoch nicht die Lösung, sondern das Problem. Ich sehe in der Corona-Krise einen Weckruf an die Menschheit, mit Natur und Umwelt anders umzugehen. Wachstumspolitik, Globalisierung, Spaltung in arm und reich, die Macht der Geldfürsten, das erinnert mich an die Allmachtsphantasien der Jünger Jesu damals, das alles ist letztlich nichtig. Braucht es nicht auch eine neue Lebenseinstellung? Ein neues Verhältnis zur Natur? Als Menschen sind wir Teil der Natur, nicht Herren der Schöpfung. Ein neues Verhältnis zum Schöpfer, bzw. zur geistigen Dimension allen Lebens? Die Krise hat uns gezeigt, dass geistige Ressourcen in der Gesellschaft in einem viel stärkeren Ausmaß vorhanden sind, als viele unserer Zeit zutrauten: Bereitschaft zu Solidarität, Wertschätzung des Lebens – auch der Menschen, die nicht mehr produktiv sein können, Bereitschaft zur Mitverantwortung. Wie können diese geistigen Kräfte unserer Gesellschaft gepflegt und weiter entfaltet werden? Lehren, wie wir aus der Krise ziehen können: Wirtschaften, Arbeiten und zukünftiges Leben müssen so gestaltet werden, dass der Mensch zählt und im Mittelpunkt steht und nicht der Profit. Dies gilt besonders beim Thema Gesundheit und Pflege. Nicht wenige konnten in dieser Krisenzeit entschleunigen und Natur und Umwelt genießen. Der Umgang wurde freundlicher, da alle gleichermaßen Leidensgenossen waren.

Nun gilt es aber auch einen Blick auf unsere Kirche zu werfen: Das kirchliche Leben befindet sich ja schon längere Zeit in einem Lockdown. Denn Kirche kann durch ihr starres Festhalten an alten Formen, Regeln und theologischen Aussagen mit der Moderne nicht mehr mithalten. Die Leute verstehen die Kirche nicht mehr. Theologische Streitigkeiten und Rivalitäten gehen völlig an den Menschen heute vorbei. Die moralische Autorität der Kirche hat durch Klerikalismus, geistigen und sexuellen Missbrauch sowie durch zwielichtige wirtschaftliche Machenschaften schweren Schaden genommen. Gleichzeitig sehen wir hohe Wertschätzung des caritativen Engagements der Kirchen, ihres Einsatzes für Menschenwürde, Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit. Die Kirche verfügt aus ihren geistigen Grundlagen heraus über einen reichen Schatz an Erfahrungen und Lebensweisheit. Wir haben die Verheißung Jesu, dass er mit seinem Heiligen Geist immer bei uns ist und in uns und durch uns wirkt. Doch wie viel Raum geben wir diesem Heiligen Geist? Lassen wir uns von ihm antreiben oder treiben andere Interessen unser kirchliches Handeln? Aber auch persönlich ist jeder/jede von uns mit der Frage konfrontiert: Von welchem Geist, von welchen Motiven lasse ich mich leiten und antreiben? Braucht es erst einen persönlichen Lockdown in Form einer persönlichen Krise, einem Burnout oder einer schweren Krankheit, dass ich zum Nachdenken komme? Wie nachhaltig und wie krisenfest sind meine persönlichen Lebensziele? Von welchen Werten lasse ich mich leiten? Man kann sich dem Heiligen Geist auch öffnen, ohne dass man durch eine Krise dazu genötigt wird.

Schauen wir auf das Pfingstereignis, da war vom Sturm die Rede. Am Anfang der Corona-Krise stand Papst Franziskus auf einem menschenleeren Petersplatz und seine Botschaft lautete: „Der Sturm legt unsere Verwundbarkeit bloß und deckt jene falschen und unnötige Gewissheiten auf, auf die wir bei unseren Plänen Projekten, Gewohnheiten und Prioritäten gebaut haben. Er macht sichtbar, wie wir die Dinge vernachlässigt und aufgegeben haben, die unser Leben und unsere Gemeinschaft nähren, erhalten, stark machen. In unserer Gewinnsucht haben wir uns ganz von den materiellen Dingen in Anspruch nehmen lassen und von der Eile betäuben lassen. Wir haben vor deinen (also Gottes) Mahnrufen nicht angehalten wir haben uns von Kriegen und weltweiter Ungerechtigkeit nicht aufrütteln lassen, wir haben nicht auf den Schrei der Armen und unseres schwer kranken Planeten gehört. Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden... Pfingsten ist Anlass, den Heiligen Geist zu bitten und ihn einzuladen, unsere Furcht zu vertreiben und unsere Bequemlichkeit, um neue Wege gehen zu können und das eigene persönliche Leben fruchtbar zu machen. „Die Welt nach Corona wird eine andere sein!“ So sagte der Bundespräsident Walter Steinmeier. Ja die Welt wird eine andere sein, wenn wir geisterfüllt mitmachen, so dass eine lebenwerte Zukunft entstehen kann. Amen.

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