„Es ist unfassbar, was dieser Krieg den Menschen in ihrer Heimat antut und was sie mir berichtete haben,“ sagte der Würzburger Bischof Franz Jung. Er besuchte am Freitagnachmittag die Flüchtlinge, die im ehemaligen Familienbildungshaus der Diözese St. Michael in Bad Königshofen untergebracht sind. Er ließ sich ihre Erlebnisse schildern und sah so manche Frauen, die dabei in Tränen ausbrachen.
Das Bistum stellt das Jugendhaus Thüringer Hütte und das Haus Sankt Michael kostenfrei zur Verfügung. Kosten für Strom, Heizung und Wasser übernimmt das Landratsamt. Geflüchtete berichteten dem Bischof, dass sie nicht wissen, wie es ihren Männern und Angehörigen geht, die zurück bleiben mussten. So manche Frauen konnten die Tränen nicht zurück halten. Spontan lud der Diözesanbischof zu einem kleinen Gebetskreis ein, bei dem man all dieser Menschen, die in der Ukraine sind oder sich auf der Flucht befinden ebenso gedachte, wie der Toten und Verletzten, die der Krieg bisher gefordert hat und all derer die in den Kriegsgebieten in Lebensgefahr sind.
Auf einer Landkarte ließ sich Franz Jung die Ukraine zeigen und dabei die Orte, von denen die Flüchtlinge aufgebrochen sind, um sich in Sicherheit zu bringen. Die ukrainischen Kriegsflüchtlinge erzählten dem Bischof von vier Tagen, die sie auf der Flucht mit dem Auto oder dem Zug waren. So manche Strecke hätten sie auch zu Fuß gehen müssen. An der ukrainisch-polnischen Grenze mussten sie bis zu 24 Stunden in der Kälte warten, bis sie nach Polen durften. „Vielen Dank für die Herzlichkeit, die wir hier erfahren“, sagte eine ältere Ukrainerin, stellvertretend für die anderen. Dekan Andreas Krefft wusste von einem Ehepaar, das 2015 vor dem Krieg aus Syrien in die Ukraine flüchtete. Jetzt ereilte sie das gleiche Schicksal und sie mussten wieder fliehen. Ihr drei Monate altes Baby ist auf der Flucht gestorben. Dolmetscherin Olga Sauer berichtete von einer Familie, deren herzkranke Tochter am Tag vor Kriegsbeginn starb. Die Eltern mussten fliehen, bevor sie die Tochter beerdigen konnten, damit sie die beiden anderen Kinder in Sicherheit bringen konnten.
Dass die Ukraine christlich geprägt ist, ist dem Bischof bekannt. Natürlich werde man dem nach Möglichkeit Rechnung tragen. Kopfschütteln über die staatliche Kirche in der Ukraine, die nicht reagiert. „Das kann man nicht verstehen.“ Es sei für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen nach Bad Königshofen in das Haus St. Michael zu kommen. Damit war Bischof Franz Jung übrigens zum ersten Mal in diesem Haus, deren Trägerschaft die Diözese Würzburg zum 31. Dezember vergangenen Jahres beendet hat. Eigentümer ist bislang noch die Diözese, bis ein neuer Träger gefunden ist. Der Bischof stattete noch kurz den afghanischen Ortskräfte einen Besuch ab, die seit Weihnachten in einem Nebentrakt untergebracht sind. Da das Haupthaus weitgehend noch nicht ausgeräumt war, konnte es kurzfristig als Notunterkunft für ukrainische Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden, berichtete di ehemalige Hauswirtschaftsleiterin Maria Kuhn. Alle hätten mit angepackt, selbst Sabine Helbling, die Frau des Bürgermeisters und viele Freiwillige, sagt Renate Knaut von der Volkshochschule Rhön- und Grabfeld und dem Jugendkultur Netzwerk. Man habe für die Ankommenden auch warme Suppe gekocht. Jetzt werden die Flüchtlinge mit Mittagessen vom Juliusspital verköstigt, ansonsten gilt Selbstverpflegung.
Die medizinische Versorgung liegt beim BRK Bad Königshofen. Wachleiter Jörg Kögel, der selbst beim Abholen der Flüchtlinge dabei war, kommt einmal am Tag in das Haus, um, wo es nötig ist zu helfen. „Das ist alles Ehrenamt“, erfuhr der Bischof von ihm, auch das Abholen der Flüchtlinge. Das habe er sehr gerne gemacht. Kreiscaritasgeschäftsführerin Angelika Ochs berichtete dem Bischof, dass alle mit einem Kleiderpaket ausgestattet wurden. Die Versorgung mit Kleidung läuft nach Absprache mit dem Landratsamt komplett über den Kreiscaritasverband. Die Fahrten zum Kleidermarkt übernehmen die Malteser. Die ambulante Altenhilfe liegt in den Händen von Johanna Dietz und Gudrun Rathgeber von den Caritas Sozialtationen. Elke Storch von der Kreiscaritas organisiert mit mehr als 70 Ehrenamtlichen den Kleidermarkt von Caritas und Diakonie. Mittlerweile gibt es einen Ehrenamtlichenkreis in allen drei Unterkünften, Bauersberg, Rappershausen und Bad Königshofen, sagte Bürgermeister Thomas Helbling.
Gemeinsam mit Dekan Krefft organisiert der Kreiscaritasverband auch Hilfsgütertransporte nach Polen in die dortigen Flüchtlingslager, weil er gute Verbindungen in Polen hat (wir berichteten). Der Dekan sagte dem Bischof, dass innerhalb einer Woche auf einem Spendenkonto rund 50.000 Euro eingezahlt wurden. Hinzu kommen zahlreiche Kleider- und Sachspenden. Angelika Ochs: Dringend benötigt werden aktuell Nagelscheren, Kinderunterwäsche und Socken, Damenunterwäsche und Socken, ebenso, konrekt für St. Michael, Kinderspielzeug, Malstifte, Malhefte und Kinderbücher, wenn möglich in russischer oder ukrainischer Sprache. Keine Kuscheltiere. Nach Auskunft des Landratsamtes sind aktuell rund 300 Flüchtlinge aus der Ukraine im Landkreis, darunter viele Kinder. Mitarbeiter der Caritas unterstützen gemeinsam mit dem Landkreis das Ausfüllen von Anträgen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Autor: Hanns Friedrich