Pfarrer Karl Feser erzählte in seiner Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag in der Stadtpfarrkirche ein Gleichnis aus Indien, bei dem sechs blinde Männer etwas Großes ertasten sollten.
So wurden sie zu einem Elefanten geführt.Die sechs Männer standen nun um das Tier herum und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen.Der Erste stieß etwas unbeholfen gegen den Bauch des Elefanten. Er betastete diesen und sagte: Er ist wie eine Wand. Der Zweite betastete den Stoßzahn und er sagte: Er ist wie ein Speer.Der Dritte stand vor dem Elefanten und hielt den Rüssel in der Hand und sprach: Er ist wie eine Schlange.Der Vierte war auf die Knie gegangen und betastete den Fuß und er sprach: Er ist wie ein Baum.Der Fünfte befühlte das Ohr und sagte: Er ist wie ein Fächer.Der Sechste stand hinten am Elefanten und hatte den Schwanz in der Hand und sprach: Er ist wie ein Seil. Und nun begannen sie miteinander zu diskutierten sehr laut und lange. Jeder meinte er hat recht und die anderen liegen falsch. Da sie sich nicht einigen konnten, wer von ihnen denn nun Recht hat, wendeten sie sich an einen Weisen. Dieser erklärte Ihnen: „Ihr habt alle recht. Aber es gibt einen Grund, warum ein jeder von euch es anders erklärt. Jeder von euch hat einen anderen Körperteil des Elefanten berührt.“ Aus Südasien - Verfasser unbekannt
Wir feiern heute den Dreifaltigkeitssonntag und vielleicht wird nun erwartet, dass ich nun erkläre, was es mit dem Gott in drei Personen auf sich hat. Doch da muss ich sagen, wenn es darum geht Gott beschreiben zu wollen, sind wir alle wie die Blinden im Gleichnis. Wir können Gott in seiner Gesamtheit nicht beschreiben. Jede Gotteserfahrung, die wir in unserem Leben machen, zeigt: Wir erfahren und erleben Gott immer nur in einem kleinen Ausschnitt, aber nie in seiner wirklichen Größe und Ganzheit. Gott ganz verstehen zu können ist unmöglich. Wenn die christliche Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes spricht, einem Gott in drei Personen, Vater, Sohn und Heilige Geistkraft, dann ist das eine Aussage von vielen. Wir müssen uns klar sein: Mit menschlichem Verstand können wir nicht erklären, wie das logisch zusammengehen soll: Ein Gott in drei Personen. Die biblischen Texte, die ja im Orient entstanden sind, verwenden viel lieber Symbole und Bilder, wenn sie über Gott etwas aussagen wollen als dass sie versuchen Gott logisch zu erklären.
Jedes Bild oder Symbol zeigt uns aber eine andere Wirklichkeit, einen anderen Blickwinkel eines Gottes, der letztlich unbegreiflich ist. So finden wir in der Bibel die Symbole wie: Wolke, Feuersäule, brennender Dornbusch, Taube, Wasser des Lebens, Weinstock, Tür, Brot, Manna, das leise Säuseln, der Atem, der Sturmwind, Feuerzungen, das Herz, der gute Hirte. Es sind Bilder, die uns erahnen und erleben lassen, wie Gott ist, die uns aber ebenso deutlich
machen, dass dies alles immer nur Ausschnitte sind, einzelne Puzzleteile, die letztlich nur darauf hinweisen, dass Gott trotz allem der ganz Andere bleibt, der Unbegreifliche, nie ganz Verstehbare. Gebete beginnen wir im Namen des dreifaltigen Gottes: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und im Glaubensbekenntnis sprechen wir: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn.
Ich glaube an den heiligen Geist. Kreuzzeichen und Glaubensbekenntnis sind dabei konzentrierte Glaubensaussagen über Gott, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben.
Dabei gab es in der christlichen Kirche selbst immer wieder Streitereien und Auseinandersetzungen.Philosophen und Theologen haben sich Gedanken gemacht: Wer ist Gott? Wie ist Gott? Was ist er, was ist er nicht? Da ging es nicht immer zimperlich zu. Wer anderer Meinung war, wer als Häretiker eingestuft
wurde, der wurde aus dem Weg geräumt, das heißt in die Verbannung geschickt oder gar getötet.Was ist die Moral aus dem Gleichnis, das wir zu Beginn gehört haben? Die Blindheit steht dafür, dass der Mensch oft nicht in der Lage ist, klar zu erkennen; der Elefant steht für eine Realität oder eine Wahrheit. Realität und Wahrheit kann sehr unterschiedlich verstanden werden, je nachdem, welche Perspektive man hat oder wählt. Damit wird klar: Eine scheinbar absolute Wahrheit durch tatsächliches Erkennen ist gerade im Bezug auf Gott nicht möglich! Und so sagt schon der Apostel Paulus (1 Kor 13,12):
Jetzt schauen wir in einen Spiegel /und sehen nur rätselhafte Umrisse, /dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, /
dann aber werde ich durch und durch erkennen, /so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.
Das Gleichnis, das wir zu Beginn gehört haben, wird häufig auf die Religionen übertragen und auf die theologischen Streitereien. Denn gerade hier gab und gibt es massive Gewalt Andersdenkenden gegenüber. Die Streitenden sind voller Ignoranz der Meinungen anderer gegenüber. Jeder redet über
einen Elefanten, doch keiner hat ihn je gesehen. Einen ganz anderen Ansatz zeigt uns Jesus. Er bringt die Menschen zu Gott nicht durch Erkennen,
sondern durch Beziehung! Und so sagten die Menschen damals voller Erstaunen (vgl. Mt 7, 29):Er lehrt wie einer, der (göttliche) Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten. Jesus lehrte die Menschen damals die Beziehung zu Gott. Seine Gottesanrede: Abba, Pappa, mein liebender mütterlicher Vater, war Ausdruck einer intensiven Gottesbeziehung. Deshalb kam auch ein Jünger zu ihm und sagte (vgl. Lk 11, 1): Herr, lehre uns beten...
Und Jesus lehrte das Gebet vom „Vater unser“.
So lädt uns das Hochfest Dreifaltigkeitssonntag ein, Gott mit Vater anzureden mit den Worten Jesu. Wir können in Jesus den Sohn Gottes sehen, unseren Bruder, die menschgewordene Liebe Gottes. Wir können in Gott unseren Beistand sehen, Gottes Geist, der in der Welt wirkt und der damit. erfüllt, was Moses bereits am Dornbusch erfahren hat (Ex 3, 14): Ich bin der Ich bin da. Jesus lehrt uns die Beziehung zu Gott, er bringt uns Gott nahe, der Liebe ist. Diese Liebe zwängt sich nicht auf. Diese Liebe ist immer ein Angebot. Und so liegt es an uns, dass wir uns immer neu auf diesen Gott einlassen. Dabei ist der Glaube an Gott nie langweilig, sondern etwas äußerst Spannendes. Denn ein jeder und eine jede kann immer wieder etwas ganz Neues bei Gott entdecken.
Und diese Gottsuche ist es, die den Glauben lebendig erhält.Niemand ist fertig mit seinem Glauben, es gibt darin Irrwege und Umwege, Durststrecken und
Krisen, aber auch Wunder, Ruheorte, die uns begreifen lassen, für wenige Sekunden wenigstens, dass Gott da ist, ganz nah, intensiv, spürbar.
Ich erkenne nur einen Teil des Elefanten. Aber ich kann mir vorstellen, dass da etwas Großes vor mir ist, ich kann es nicht beschreiben aber ich kann es erahnen. Amen.