Predigt zum 25. Sonntag – Jahr B von Pfarrer Karl Feser in der Stadtpfarrkirche Bad Königshofen.
Im Evangelium nach Markus, das wir eben gehört haben, wird uns erzählt, wie Jesus durch Galiläa zieht. Lesen wir im Evangelium weiter, so erfahren wir, dass der Endpunkt dieser Reise Jerusalem ist. Dort warten nicht Glanz und Ruhm, sondern Leiden und Tod. Das möchte Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern nahe bringen. Er will sie aufklären darüber, was
kommen wird.
Die Jüngerinnen und Jünger verstehen ihn nicht! Vielleicht wollen sie ihn auch nicht verstehen, denn sonst hätten sie doch wohl nachgefragt. Sie aber sind ängstlich und scheuen sich zu fragen.Ihre Gedanken kreisen nämlich um ein ganz anderes Thema: Wer der Größte von ihnen sei.Da passt das Bild Jesu vom Sich-ausliefern, sich-in-die-Hände-von-Menschen-geben, vom Leiden und vom Tod einfach nicht dazu. Jesus durchschaut sie alle. Und er nimmt ein Kind und stellt es in die Mitte. Kinder waren damals zusammen mit den Sklaven auf der untersten Stufe im Sozialsystem. Das Kind ist somit ein Symbol für: Angewiesensein – Armsein – Ausgeliefertsein – Kleinsein – Geringsein - Schwachsein. Heißt das nun Christentum ist eine Religion, die auf ihren Fahnen stehen hat:Leid geduldig ertragendas Kreuz suchen und auf sich nehmenauf den Tod fixiert sein?
Ist es eine Religion, die ...den Menschen mit Absicht klein halten möchtedie Nachfolge Jesu darin sieht, sich zu ducken und demütig zu sein, unmündig zu sein?
Das doch wohl nicht! Dies wäre menschenfeindliche Ideologie! Solche Tendenzen mag es in der Kirche gegeben haben oder teilweise auch heute noch geben. Jedoch liegt das nicht in der Absicht Jesu. Ein Kind in die Mitte zu stellen, das bedeutet:auf das Kleinsein zu schauen und es wahrzunehmendas Geringsein und Armsein nicht aus dem Blick zu verlierenAusgeliefertsein und Schwachsein nicht zu übersehen. Und das nicht nur anderen Menschen gegenüber, sondern auch bei mir selbst! Wie oft ertappe ich mich, dass ich größer sein will als ich bin, dass ich mich besser darstellen will.Und vielleicht geht es ihnen ja genauso. Zumindest wird das ja in unserer Gesellschaft propagiert: Zu den Ersten zu gehören, der Größte zu sein, Erfolgreich zu sein. Doch wie viel Kraft kostet es, sich besser darzustellen als man eigentlich ist. Wie oft setzen wir uns selbst unter Druck und wir sind nicht zufrieden mit dem, was wir leisten können und wir sind. Wir wollen besser sein, anders sein. Viele Menschen kommen in eine Nervenkrise, Daseinskrise. Denn es heißt ja: sich ja nicht bloß stellen, ja keine Schwäche zeigen. Und wie viele können nur schwer mithalten, fühlen sich überfordert und es machen sich Ängste breit:Kann ich die Leistung, die erwartet wird, in Schule und Beruf erbringen?Kann ich die Erwartungen in der Familie, in der Partnerschaft erfüllen?
Unsere Gesellschaft erzieht uns dazu sich groß herauszustellen, um etwas zu gelten, immer mehr Leistung zu bringen, schauen, dass man die ersten Plätze belegen kann. Wie viele Menschen aber machen sich selbst etwas vor in ihrer Großtuerei, Großsprecherei,Angeberei, Übertreibung.Tut es da nicht gut den Maßstab Gottes zu haben, der deutlich wird im Lebensstil Jesu? Das Kleine in die Mitte nehmen, in den Blick nehmen, es annehmen und akzeptieren, bei sich selbst und bei den anderen? Das kann befreiend sein, das kann aufbauen, wenn vor Gott nicht das Große zählt, sondern das Kleine und Unscheinbare. Da muss ich nicht ständig leugnen und ignorieren, ich muss nicht ständig im Konkurrenzkampf leben, ich kann mir die Freiheit herausnehmen, meine Hilflosigkeit, meine Angst und meine Kleinheit einzugestehen. Wenn wir soweit sind, dass wir das uns selbst gegenüber schaffen, dann werden wir auch sensibel unseren Mitmenschen gegenüber. Wir können sie eben auch in ihrer Kleinheit sehen und akzeptieren. Wir können sie in die Mitte nehmen, in den Blick nehmen und sie nicht übersehen oder gar an den Rand schieben.
Dann wird unsere Größe sichtbar, die vor Gott zählt: Unser Dienst an den Mitmenschen, um ihnen zu helfen. Wer dem Kind, dem Kleinen Raum gibt, in sich selbst und bei den anderen Menschen, der macht die Welt menschlicher und wo immer Menschen so handeln, da wird auch das angenommen, was Jesus vorgelebt hat und genau darin wird auch Gott aufgenommen.
Stellen wir nicht das Große sondern das Kleine in unsere Mitte. Wir erweisen uns und den anderen dadurch einen Dienst. Denn: Im Kleinen, das wir in unsere Mitte stellen, stellen wir letztlich Gott in unsere Mitte.
Amen.