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Pfarrer Karl Feser und Pfarrvikar Paul Mutume feierten in der Stadtpfarrkirche den Gottesdienst zum 4. Sonntag nach Ostern. Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie waren lediglich vier Gottedienstbesucher anwesend. Ebenso Lektorin, Küster, Organist und Kameramann.

 Pfarrer Karl Feser ging in seiner Predigt auf die Aussage Jesu ein, der im Evangelium von der Türe berichtet, die zu ihm führt. Der Pfarrer stellte dazu Überlegungen zum Thema "Türe" an. Er verwies auf ein Haus, das renoviert wird, in dem alle Türen deshalb ausgehängt sind, sprach aber auch von einem Hochhaus, in dem unzählige Türen zu finden sind. Erst wenn eine der Türen geöffnet wird, sehe man das Gesicht des Bewohners, dessen Name auf dem Türschild zu lesen ist.

Autor: Hanns Friedrich

Der Gottesdienst wurde wieder aufgezeichnet und ist im Internet unter www.pfarreiengemeinschaft grabfeldbrüDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! zu sehen.

Predigt 4. Ostersonntag –  Les: Apg 2. Les: Petr Ev: Joh 10, 1-10

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

„Ich bin die Tür!“, so sagt Jesus. Das klingt zunächst einmal ganz banal. Wir müssen uns aber erinnern, dass es im Johannes-Evangelium viele solcher Ich-bin-Aussagen von Jesus gibt: Ich bin das Brot ..., ich bin das Licht ..., ich bin die Auferstehung ..., ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben..., ich bin der wahre Weinstock. Und es wird deutlich, dass mit der Aussage: „Ich bin die Tür“, ein weiterer Titel für Jesus verwendet wird, der etwas über ihn aussagen soll. Ich weiß noch während meiner Studienzeit, sollten wir in Philosophie das Prinzip einer Türe beschreiben. Was macht eine Türe zur Türe und unterscheidet sie z.B. vom Fenster? Die Antwort ist gar nicht so einfach. Durch wie viele Türen sind wir heute schon gegangen, ganz selbstverständlich. Und haben wir das Prinzip erkannt? Wenn wir im Lexikon nachschlagen oder bei Wikipedia, dann können wir folgendes lesen: Eine Tür erlaubt das Abgrenzen von Innen- und Außenräumen gegen andere Räumlichkeiten oder andere Außenbereiche bei erhaltener Durchgangsmöglichkeit. (...) Also, eine Türe trennt, den einen Raum vom anderen, aber es gibt auch eine Durchgangsmöglichkeit, sie verbindet damit zwischen draußen und drinnen.

Das Evangelium heute stellt uns vor eine Pferchtüre und meditiert mit uns, was solch eine Tür für die Tiere bedeutet. Wer von außen hineingeht, der geht in den geschützten Raum, wer von drinnen herauskommt, dem öffnet sich der Zugang zur Weide und zum frischen Wasser. Die Türe wird so zum Dreh- und Angelpunkt für beides: Sie ist Eingang zu Geborgenheit und Schutz, und sie ist Ausgang in die Freiheit und Lebensfreude. Nicht zuletzt: Nur die Tür ist der autorisierte Zugang. Wer Übles mit der Herde vorhat, meidet sie, der steigt woanders ein. Wie können wir nun die Türe für uns deuten. Dazu vielleicht drei Beispiele: Wer schon einmal einen Altbau saniert hat, der hat vielleicht auch mal die Erfahrung gemacht was es heißt, wenn alle Türen ausgehängt sind. Da sind plötzlich alle Türstöcke im Haus leer. Und es ist ein komisches Gefühl in einem Haus ohne Türen! Da fehlt etwas. Noch schlimmer wäre es sicher, wenn auch noch die Haustüre fehlen würde, da könnte dann ja jeder einfach so ins Haus gehen. Ein richtiges Daheim wäre das nicht mehr. Die Tür hinter sich zumachen können, das ist etwas Wichtiges. Sonst ist die ganze Wohnung wie ein verschlungener Gang und du isst auf dem Gang, du schläfst auf dem Gang, dein Leben Zuhause spielt sich auf dem Gang ab. Die Tür hinter sich zumachen können, das heißt: Du kannst auch einmal tun, was du willst. Da kannst du aufatmen, da kannst du auch einmal die Füße auf den Tisch legen, dich ein bisschen benehmen "wie zu Hause".

Die Tür hinter sich zumachen können, sein können, wer du bist - das ist ein Bild für tiefe Entspannung, das ist letztlich auch ein Bild für Erlösung. Ein zweites: Da steht man vor einem Hochhaus, sieben Stockwerke hoch. Man steht vor der Türe am Klingelkasten, dreißig oder vierzig Namen stehen auf den Schildern, und du suchst nach einem einzigen. Endlich findest du den Name, du klingelst - und die Tür geht auf. Und dann kommt, nach Treppen und vielen verschlossenen Türen, die alle gleich aussehen, ein bekanntes Gesicht zum Vorschein. Eine offene Tür ist da wie eine Oase. Mitten in dieser Steinwüste erwartet dich einer. Und du bist endlich angekommen und nun kannst du auf- und ausatmen. Und noch eine dritte Erfahrung. Man liegt krank zu Hause oder man ist wegen Corona in Quarantäne geschickt, und egal ob es eine lange oder auch nur kurze Zeit war, endlich wieder das erste Mal vor die Türe zu treten: Das ist wie ein neues Leben, das gibt Auftrieb. Eine offene Türe, das ist ein Sinnbild für Freiheit und Frische, ein Bild für Leben. Die Türe wird nun im Evangelium personalisiert, auf eine Person hin gedeutet, das ist zunächst eine überraschende Deutung. „Ich bin die Tür!“, sagt Jesus. Damit sagt er: „Ich bin dieser Zugang zu Geborgenheit und Freiheit. Ich verbinde deinen Alltag mit deinen Festtagen, ich verbinde den Himmel mit der Erde, ich verbinde das Brot mit dem Wein.“ Durch diese Türe sollten wir also hindurch treten. Und nicht auf der Stelle treten.

Der Lyriker Paul Roth schreibt einmal über: Die vielen Türen deines Lebens: Du kannst dir nicht ein Leben lang die Türen alle offen halten, um keine Chance zu verpassen. Auch wer durch keine Tür geht und keinen Schritt nach vorne tut, dem fallen Jahr für Jahr die Türen, eine nach der anderen, zu. Wer selber leben will, der muss entscheiden: Ja oder Nein - im Großen und im Kleinen. Wer sich entscheidet, wertet, wählt und das bedeutet auch: Verzicht. Denn jede Tür, durch die er geht, verschließt ihm viele andere. Man darf nicht mogeln und so tun, als könne man beweisen, was hinter jener Tür geschehen wird. Ein jedes Ja - auch überdacht, geprüft - ist zugleich Wagnis und verlangt ein Ziel. Das aber ist die erste aller Fragen: Wie heißt das Ziel, an dem ich messe Ja und Nein? Und: Wofür will ich leben? … Ja, wofür will ich leben. Für welche Türe entscheide ich mich? Wo will ich hindurch gehen? Wie heißt das Ziel, das ich mir gesetzt habe? Was lockt mich?

„Ich bin die Tür!“, sagt Jesus. Weil es mich gibt, darum kannst du zu Hause sein. Wer durch mich hineingegangen ist, der ist angekommen, der kann aufatmen. In der Sprache der Bibel heißt dieses Ankommen: der ist erlöst. Jesus will uns aber auch mitteilen: Ich bin die Tür, durch die du hinausgehen kannst, eine Tür, die dich freilässt und dich zu einem selbstständigen und selbstbewussten Leben ermuntert. Beides ist dir durch diese Tür angeboten: Du bist nicht ausgesetzt, sondern in Liebe angenommen, und du bist nicht eingeschlossen wie in einem Gefängnis. Erlösung liegt sozusagen auf beiden Seiten dieser Tür: Du kannst ein- und ausgehen: Drinnen kannst du Heimat finden, und draußen kannst du Freiheit finden. Du kannst "ein- und ausgehen und Weide finden". So bietet uns diese Tür beides: Geborgenheit und Freiheit - die beiden Seiten eines "Lebens in Fülle". „Ich bin die Tür!“, das sagt Jesus und das gilt zunächst auch nur von Jesus, wenn es um Erlösung geht. „Ich bin die Tür!“ Mit dieser Aussage sind wir eingeladen, durch Jesus hindurchzutreten in einen neuen Raum: der Geborgenheit und des Vertrautseins, einem Leben in Fülle. Wer nicht durch die Türe geht, der versäumt etwas Wichtiges. Amen.

 

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