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Blick über den Kirchturm – Wenn Pater Hermann Schultheis von seiner Heimat schwärmt, der weiten Landschaft, den großen Flüssen und den Menschen, dann meint er nicht seinen Geburtsort Heustreu, sondern Januaria in Brasilien. Dort ist der Pater nämlich seit 1966 in der Mission tätig. Zur Zeit ist er auf Heimaturlaub in seinem Geburtsort und wohnt bei seiner Schwester Agnes Hoch. Vor fünf Jahren war er zuletzt in Heustreu, nun bleibt er bis 4. September. "Er ist ein frommer Mann," lacht Ortspfarrer Frank Mathiowetz bei einer Kaffeerunde im Pfarrhausgarten. "Täglich betet er schon frühmorgens im Brevier auf dem Weg entlang der Streu." Ein Frühaufsteher sei er halt, schmunzelt der 78-Jährige Pater und berichtet, dass im Kloster in Brasilien morgens um fünf Uhr der Wecker klingelt.

Für den Pater, der 1936 in Heustreu geboren wurde, hier seine Kinder- und Jugendzeit verlebte, ist es ein Erholungsurlaub. Hier ging er zur Schule, im nahe gelegenen Bad Neustadt lernte er in der Firma von Josef  Dömling den Beruf des Glasers und legte in Würzburg seine Prüfung ab. In einer religiös geprägten Familie wuchs Hermann Schultheis auf, engagierte sich in der kirchlichen Jugendarbeit, war Ministrant und kam so mit den Missionaren der Heiligen Familie, die damals in Lebenhan ihr Kloster hatten, und Gottesdienst in Heustreu hielten, in Berührung. Der junge Hermann Schultheis informierte sich im "Sendboten" der Missionszeitschrift über den Orden und entschied, damals 17 Jahre jung: Ich geh ins Kloster!

Eine Entscheidung, die sein Vater mit den Worten kommentierte: "Hermann mach alles gut in Deinem Leben!" Noch heute sind dem Heustreuer diese Worte im Ohr. Am 28. September 1953 trat er in das Kloster in Lebenhan ein, war dort sechs Jahre und absolvierte sein Noviziat in Mühlbach. Dann ging es nach Ravengiersburg im Hunsrück. Dort studierte er zwei Jahre Philosophie und Theologie. Im Jahr 1963 legte er mit 27 Jahren sein ewiges Gelübde ab. Gelobte damit Ehelosigkeit, Gehorsam und Armut. Drei Jahre später wurde er am 29. Juni zum Priester geweiht. "Drei Wochen gab es Primizferien," erinnert sich der Pater und weiß auch, dass er dann zum Provinzial gerufen wurde, der ihm sagte: Du gehst in die Mission nach Brasilien. War das so einfach für ihn? Der Pater lacht und sagt: "Ich habe Gehorsam gelobt!"

Zunächst aber stand eine sogenannte Untersuchung auf Tropentauglichkeit am Missionsärztliche Institut in Würzburg an. Dann ging es mit dem Zug nach Genua und von dort mit dem Schiff nach Brasilien, wobei man sieben Tage nur auf See war. "Seekrank wurde ich damals nicht," lacht der heute 78 Jährige und erzählt weiter, dass er auf dem Schiff ersten Unterricht in der portugiesischen Sprache erhielt. "Muito Obrigado" also "Dankeschön" waren seine ersten Worte."  In Brasilien waren damals 23 deutsche Patres und so nach und nach fand sich der Heustreuer in sein neues Arbeitsfeld ein, das ihm seine zweite Heimat werden sollte. "Es war natürlich eine Umstellung", sagt er heute und verweist zum Beispiel auf  eine 240 Kilometer lange Reittour, bei der er mit weiteren Begleitern sein Missionsgebiet kennen lernte. Das von der Missionsstation zu betreuende Gebiet  hat rund 90.000 Gläubige mit zwei Pfarreien und 70 sogenannte Basisgemeinden.

Die Brasilianer sind gläubige Menschen und so sind die Gottesdienste gut besucht. ""Jeder Brasilianer muss katholisch sein und so prägt das Christentum die Menschen dort," sagt Pater Hermann Schultheis. Jugendgruppen, Ministranten und Kirchenchor gibt es in der Missionsstation und, weil das Gebiet so groß ist auch sogenannte "Gemeinschaftsbeichten." Da die Gottesdienste zur Anfangszeit in den 1960er Jahren noch in lateinischer Sprache gelesen wurde, gab es hier keine Sprachprobleme. Lediglich die Predigten mussten ausgearbeitet werden. Da kam es einmal vor, dass der deutsche Pater die Worte "olhos" (Augen) und "òculos" (Brille) verwechselte. "Sie können sich vorstellen, dass die Gläubigen da lachten und ich erst nach dem Gottesdienst erfuhr, warum sie gelacht haben. Immer wenn ich Brille sagte, meinte ich doch die Augen der Gottesmutter."

"Heute ist Brasilien meine Heimat und natürlich kann ich die Landessprache" Der Heustreuer ist Rektor der Hausgemeinschaft, in der er mit sechs Patres lebt. Das Verkehrsmittel in Brasilien und auch auf der Missionsstation ist der Volkswagen, die Straßen dort sind schlecht und nur manche gut ausgebaut. Natürlich ist der Priestermangel in Deutschland auch auf der Missionsstation zu spüren. Diplomatisch umschreibt er die Situation der katholischen Kirche in Deutschland mit den Worten: "In Deutschland ist Herbst, in Brasilien eher Frühling und Frühsommer." Kein Wunder, dass Ortspfarrer Frank Mathiowetz zu dieser Aussage schmunzeln muss und meint: So kann man es auch auf den Punkt bringen.

In seinem Heimaturlaub will der Pater natürlich alte Kontakte in seinem Heimatort wieder auffrischen, trifft  Bekannte, Schulfreunde, auch die Jugend und Kolpingsfamilie von Heustreu, die seit Jahren "ein Herz für ihren Pater Hermann Schultheis hat". "Sie startet immer wieder verschiedene Hilfsaktionen, erklärt Pfarrer Frank Matiowetz. Mit seinem Amtsbruder war er kürzlich bei der großen Fatimafeier am Findelberg bei Saal, möchte ihm aber auch den Wunsch erfüllen, einmal zum Grab der Resl von Konnersreuth zu fahren. Im September geht es dann wieder zurück in die zweit Heimat des Paters, nach Brasilien, einem Land, das der Pater so umschreibt: "Ein großes Land mit vielen Möglichkeiten aber auch dramatischen Gegensätzen." Übrigens: Spontan lädt er Pfarrer Mathiowetz nach Brasilien ein: Schau doch mal bei mir vorbei, ich würde mich freuen." Als ich mich verabschiede lacht der Pater, winkt und ruft mir nach  "Até logo" - Auf wieder sehen.  Text: Hanns Friedrich

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