In einer Kiste, gut verpackt, entdeckten Erika Pascher und Matthias Guck im „Haus Maria“ in Maria Bildhausen eine Jesusfigur. Schnell stellte sich heraus, dass es ein Teil des „Heiligen Grabes“ aus dem Gotteshaus war. Vor etwa 50 Jahren war das "Heilige Grab" letztemals zu sehen.
Die Anregung von Mesner Hanns Friedrich, Kulturreferent im Landkreis Rhön-Grabfeld, solch ein Hl. Grab doch in den Kar- und Ostertagen wieder zu zeigen, stieß auf offene Ohren und so ist nach gut 50 Jahren erstmals wieder das Heilige Grab von Maria Bildhausen in der Kirche zu sehen. Eine beim Aufbau entdeckt Schrift nennt einen Bildhauer aus Ursberg, der im Januar und Februar 1943 die Jesusfigur schnitzte. „Das war mitten in der Kriegszeit,“ sagt Erika Pascher und fügt an: „Dann sind es 2023 ja genau 80 Jahre, dass diese Figur geschnitzt wurde. Nun steht sie vor dem Chorraum unterhalb des Kreuzwegbildes, das genau diese Szene, die Grablegung Christi, zeigt.
Schwester Gunda, bis 1999 Generaloberin der St. Josefs-Kongregation von Maria Bildhausen erinnert sich, dass es bis in die 1970er Jahre ein „Heiliges Grab“ in der Kirche gab. In der Karwoche habe Schwester Nikoleta als Sakristei-Gehilfin das sogenannte „heilige Grab“ am linken Seitenaltar in der Bildhauser Kirche aufgebaut. Es wurde mit vielen Lichtern und Blumen geschmückt. „Unsere Heimbewohner kamen dann in Gruppen zur Verehrung und wir Schwestern verrichteten unser liturgisches Gebet gemeinsam vor dem „heiligen Grab“Schwester Gunda: „Sowohl der Karfreitag als auch der Karsamstag waren immer feierliche, heilige Tage und das Heilige Grab wurde auch von Menschen aus der Umgebung besucht.“ Nun ist es erstmals wieder in der Kirche von Maria Bildhausen zu sehen. Es bleibt dort auch über die Ostertage stehen.
Über Jahrzehnte verstaubten in vielen Kirchengemeinden diese „Heiligen Gräber“ auf Dachböden oder moderten in Kellern vor sich hin. Doch in jüngster Zeit erstrahlen sie in einigen Gemeinden wieder in neuem Glanz. Vielfältig wurde und wird der Brauch erneut belebt, Darstellungen der Grablegung und der Auferstehung rund um das Osterfest aufzubauen. Einer der immer wieder Heilige Gräber in den Kirchen gestaltete war der Grabfeldkünstler Johann Peter Herrlein aus Kleineibstadt. Von ihm ist ein „Heiliges Grab“, das alljährlich in der Kirche von Eyershausen, einem Stadtteil von Bad Königshofen, wieder aufgebaut wird. Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, einst Leiter des Kunstreferates der Diözese Würzburg, weiß, dass Johann Peter Herrlein ein besonders prunkvolle Heiliges Grab 1764 für seine Heimatgemeinde Kleineibstadt anfertigte. Dort war es im Chor aufgebaut, hatte eine Höhe von rund sechs Metern und verdeckte den gesamten Altarraum.
In zahlreichen Rechnungsbüchern der Pfarreien lassen sich Kosten für die kunstvollen Werke und deren Auf- oder Abbau nachweisen. Wie das Heilige Grab aus Kleineibstadt waren sie zumeist reich bemalte Bretter-Kulissen, die perspektivisch gestaffelt, den Durchblick auf die ausgesetzte Monstranz öffneten. Innerhalb des Aufbaus waren die Grabruhe Christi und oft auch Szenen der Passion dargestellt. Heilige Gräber gab es noch in den 50er und 60er Jahren auch in Königshofen, wo es am rechten Seitenaltar aufgestellt wurde. Umrahmt von großen Tannenbäumen und vielen bunten Lichtern, die man von hinten erleuchtete, strahlte das Königshöfer Heilige Grab eine besondere Ruhe aus, war gleichzeitig aber auch Anziehungspunkt für viele Gläubige. Am Karfreitag wurde im Rahmen der Liturgiefeier dann die mit einem weißen Tuch verdeckte Monstranz zum Heiligen Grab getragen und dort zur Anbetung ausgesetzt.
„Das Phänomen der Heiligen Gräber an sich ist weit gestreut“, erklärt Domkapitular Jürgen Lenssen. Auch in der Krypta des Würzburger Doms sei bis zur Tieferlegung des Chors im 18. Jahrhundert ein Heiliges Grab zu finden gewesen. Bis auf zwei Wächterfiguren, die heute noch in der südlichen Nebenkrypta zu sehen sind, blieb davon nichts erhalten. „Ob fest installiert oder nach Bedarf aufgebaut, waren die Gräber Teil eines liturgischen Brauchs und werden nicht in den Bereich Volksfrömmigkeit eingeordnet“. Der Leichnam Christi oder das Kreuz seien fast überall in feierlichen Prozessionen zu einem Grab gebracht, dort niedergelegt und zur Auferstehung wieder in das Gotteshaus getragen worden. Im Diözesan Museum Kartause in Astheim findet sich heute auch eines der schönsten erhaltenen barocken Heiligen Gräber, das Heilige Grab von Kleineibstadt.
Autor: Hanns Friedrich