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Blick über den Kirchturm – Peter Rottmann, Regionalkantor und Orgelsachverständiger der Diözese Würzburg, griff bei der offiziellen Abnahme der Kleinbardorfer Orgel sofort in die Tasten und spielte eines der bekanntesten Orgelwerke von Johann Sebastian Bach. Immerhin ist Rottmann seit 25 Jahren als Sachverständiger an der Restaurierung der Kleinbardorfer Orgel dran. Immer wieder fragte er nach und verhandelte, bis endlich das Instrument im vergangenen Jahr abgebaut und von der Rhöner Orgelbaufirma Hey (Urspringen) grundlegend restauriert wurde. Nicht schlecht staunte Rottmann, als er von Herbert Hey auf den Dachboden der Kirche geführt wurde und dort ein Blasebalghaus zu sehen bekam.

"Das haben wir extra für den alten Blasebalg gebaut, der hier noch in Teilen zu finden war," erklärte ihm Herbert Hey und zeigt auf den historischen Blasebalg, der bislang auf dem Dachboden lag und nun wieder gute Dienste tut. Das Alter der Orgel schätzt Rottmann auf mehr als 350 Jahre. Sicher ist, dass diese Orgel einst in der Karmelitenkirche von Bad Neustadt stand, dann um 1750 nach Kleinbardorf kam. Die Besonderheit: Der gesamte Orgelprospekt mit den bemalten Orgelpfeifen ist noch erhalten. "Das ist eine Einmaligkeit in Franken und letztendlich ist dies auch die älteste Orgel in der Diözese Würzburg," sagt der Regionalkantor. Eine der Besonderheiten sind die bemalten Pfeifen, auf denen sogar Gesichert zu erkennen sind. "Man hat sich damals viel Zeit genommen und auch die Fantasie spielen lassen," sagt Orgelbaumeister Herbert Hey.

Er verweist auf das so genanntes "Blendwerk", hinter dem sich die eigentliche, künstlerisch wertvolle Orgel in der Kirche von Kleinbardorf befindet. "Beim flüchtigen Betrachten des schönen Rokoko-Blendprospektes entgeht einem fast der rechts dahinter aufgestellte alte Orgelprospekt  aus der Zeit um 1650/1660," sagt Orgelbaumeister und Restaurator Herbert Hey von der gleichnamigen Orgelbaufirma in Urspringen in der Rhön. Dieser heute sichtbare Orgelprospekt ist nur Attrappe und hat mit der eigentlichen Orgel keinen Zusammenhang. Hey verweist auf das von vorne nicht sichtbare Frühbarocke Orgelgehäuse. "Es trägt alle Merkmale einer Konrad-Kitzinger Orgel aus dem 17. Jahrhundert: die geschuppten Pilaster, das geschnitzte  Rankenwerk und die facettierten und mit Ornamenten bemalten  Prospektpfeifen ".  Schade nur, daß das historische Schleifladen-Orgelwerk nicht mehr vorhanden ist. Es wurde 1912 durch eine mechanische Kegellade von Orgelbauer Hofmann (Hofheim) ersetzt.

Interessant übrigens: Der alte Teil der Orgel steht in der Kirche St. Ägidius in Kleinbardorf  an seinem zweiten Standort. Aus Unterlagen geht hervor, daß die Orgel ursprünglich wohl der Karmeliterkirche in Bad Neustadt an der Saale gehörte. "Damit dürfte das Instrument um 1722 – die Kirche wurde zwischen 1712 und 1718 ausgestattet – nach Kleinbardorf transferiert worden sein" erklärt der  Orgelbauer. Er fügt an, daß der Rokoko-Blendvorbau wohl erst Jahrzehnte später , etwa um 1750, eingebaut wurde. Die von Konrad Kitzinger aus Münnerstadt erbaute Orgel  muss in der Zeit um 1650/60 datiert werden. Es liegen jedoch keinerlei Überlieferungen einer alten Disposition, also einer Klangzusammenstellung vor. Wer die Orgel nach Kleinbardorf gebracht hat, ist ebenso unbekannt. In den Unterlagen der Kunstdenkmäler Unterfrankens ist die Orgel lediglich mit einem Satz erwähnt: Orgelgehäuse Muschelwerkrokoko mit Lambrequins um 1750.

Nach vielen Überlegungen hatte sich die Fachkommission, unter der Leitung von Dr. Nikolaus Könner vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München und Regionalkantor Peter Rottmann aus Münnerstadt, er ist amtlicher Orgelsachverständiger der Diözese Würzburg, sowie Orgelbaumeister und Restaurator Herbert Hey (Urspringen/Rhön) dazu entschlossen keine Rekonstruktion der Kitzinger-Orgel anzustreben. "Wir haben den heutigen Bestand der Orgel respektiert und die Orgel denkmalgerecht restauriert," sagt Herbert Hey, Chef der renommierte Orgelbaufirma aus Urspringen.

Es war einiges zu erneuern und wieder in Gang zu setzen, sagt Orgelbaumeister Herbert Hey. Den Zustand vor der Restaurierung bezeichnete er als sehr schlecht. "Es zischte und klemmte an allen Ecken und Enden, wenn sie gespielt wurde." Das weiß auch Pfarrer Gerhard Wissmüller, der bei der Abnahme der Kleinbardorfer Orgel mit dabei war. "Jetzt ist es wieder ein Genuss die Orgel zu hören." Von Herbert Hey erfährt er, dass das Rhöner Orgelbauunternehmen seit mehr als 250 Jahren wertvolle, historische Orgeln restauriert und auch neue baut." Dazu gehört die neue Orgel am Kreuzberg in der Rhön oder gar die größte und lauteste Orgel der Welt in Yeosu in Südkorea. Die Orgelbaufirma Hey aus Urspringen in der Rhön hat nun auch die Kleinbardorfer Orgel wieder zum Klingen gebracht.  Text: Hanns Friedrich

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