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Zu Maria Geburt hielt Pfarrer Karl Feser die Predigt in der Wallfahrtskirche Ipthausen.  Dabei erwähnte er die christlichen Tradition in der es ein Bild gibt, um das Geheimnis um Maria zu beschreiben: „Die Morgenröte des Heils“. Doch das schönste Morgenrot leuchtet nicht aus sich selbst. Es hat sein glühendes Licht von der Sonne, der es vorausgeht. So hat Maria ihr Licht allein von Jesus Christus, der als die eigentliche Sonne umschrieben wird.


Das Fest der Geburt Marias, das wir heute feiern, hat somit nur seine Bedeutung, weil sie von Gott dazu berufen ist, die Mutter Jesu zu sein. Nach Tod und Auferstehung Jesu hat die junge Kirche zunächst wenig Interesse an den frühen Lebensjahren Jesu und an seinen familiären Verhältnissen. Erst im Evangelium nach Matthäus und nach Lukas werden so um die Jahre 80 bis 90 n.Chr. neben der Darstellung des öffentlichen Lebens und Leidens Jesu auch eine Kindheitsgeschichte vorausgestellt. Das Hauptinteresse der Kindheitsgeschichten liegt darin aufzuzeigen, dass Jesus von Nazaret von Anfang an (und nicht erst von der Taufe im Jordan an) der Messias ist, „der sein Volk von seinen Sünden erlösen wird“. Das Evangelium von Johannes geht sogar noch weiter. Da ist Jesus bereits präexistent, also vor seiner Geburt, Gottes Sohn, eben von Ewigkeit her. Im Evangelium nach Matthäus finden wir einen Stammbaum Jesu. Ausgehend von Abraham wird aufgezeigt, dass Jesus auf der Bundeslinie des Volkes Israel mit Gott liegt und dass er der verheißene Erlöser ist. Und so geht die Linie weiter ausgehend von Abraham, den Vater des Glaubens, über Isaak, Jakob und König David, und die Linie geht nicht nur über die Väter, sondern auch über drei außergewöhnliche Frauen: Rahab, Ruth und die Frau des Urija, Batseba (Sie war die Mutter des Königs Salomo).


Und interessant ist, dass es kein Stammbaum über den Vater ist, sondern über die Mutter: Maria. Im Evangelium, das wir heute gehört haben geht der Blick zunächst auf Josef. Er ist mit Maria verlobt und er steckt in einer Krise. Er will Maria entlassen. Er zweifelt an der Treue seiner Braut. Kann eine Liebe schwerer belastet werden? Sie kann ihre Treue nicht beweisen, denn es geht hier um ein Geheimnis des Glaubens. Beide: Josef und Maria sind gefordert, sich von ihrer Lebensplanung her ganz auf Gott einzulassen und nur noch zu glauben.
Glauben, so wird uns im Evangelium aufgezeigt, heißt manchmal: Alles lassen – alles gehen lassen, alles loslassen, zulassen, was von Gott her auf einen zukommt. Die Lage der beiden ist trostlos. Josef will Maria verlassen. Das Schönste im Leben droht zu zerbrechen, die Liebe zweier Menschen. Und das – wegen Gott! Josef ist zunächst mal am Ende seiner Weisheit. Genau das meint die Rede vom Schlaf. Der Schlaf ist ja auch ein Bild für den Tod. Im Tod ist der Mensch am Ende. Da kommt uns auch das Bild des Propheten Elija in den Sinn, der in der Wüste unter einem Ginsterstrauch liegt und schläft und sich den Tod wünscht.


Das ist der Punkt, wo Gott aber nun sein Werk beginnen kann. Jedes mal ist es ein Engel, der den Weg aufzeigt und damit Klarheit gibt. Nicht als Klarheit des Verstandes, sondern als Gewissheit des Herzens. Und das kommt letztlich aus dem Glauben. Es stellt sich die Frage, wie wir in einer Krise handeln oder gehandelt haben. Was hat mein Leben erschüttert?
Wie habe ich mich in diesen Zeiten verhalten: Gereizt, empfindlich, lieblos, verbittert, durch Kurzschlusshandlungen vielleicht sogar die Lage verschlechtert. Oder blieb ich sachlich, vernünftig, taktvoll. Krisen stellen sich im Nachhinein ja oft als Prüfungen heraus, als Bewährungsproben vor Menschen und vor Gott. Wurde Gott aus den Krisen ausgeklammert, weil er überflüssig schien oder sein Schweigen unerträglich war? Oder hat sich mir Gott als das tragende Fundament gezeigt? Ich muss mich auch fragen, was möchte ich um keinen Preis lassen? Warum kann ich manches nicht loslassen? Was soll ich letztlich Gott überlassen? Kann ich im Vertrauen auf Gott ge-lassen-sein?


Loslassen und Gelassenheit bedeuten dabei nicht Unempfindlichkeit, gleichgültig sein, unentschieden sein. Aber Gelassenheit kann zu innerem Frieden und zu Festigkeit führen, wenn
man sich dabei ganz auf Gott verlässt. Josef und Maria machen beide keinen großen Aufstand.Sie sind beide eher die Schweigenden und letztlich Vertrauenden. Sie verlassen sich auf Gott. Ihm überlassen sie ihre Sache. Sie verlassen sich ganz auf ihn, den einzig Verlässlichen. Und beide werden dadurch: gelassen! Beide glauben und hoffen auf Gott. Und Gott ist der, der niemanden verlässt. Wer sich auf ihn einlässt, ist niemals verlassen. Es scheint manchmal höchstens so. Die Wirklichkeit aber zeigt sich dem Glaubenden anders. Und so zeigt sich am Ende des heutigen Evangeliums der Höhepunkt. Der Gott, der sich im brennenden Dornbusch mit seinem Namen offenbarte: „Ich bin der Ich bin da!“ und der seinem Namen alle Ehre macht, weil er sich wirklich als der Gott offenbarte, der mit seinem Volk ist; der seine Sorge für sein Volk in der Gesetzgebung am Sinai und dem Zug ins gelobte Land unter Beweis gestellt hat; der selbst dafür gesorgt hat, dass sein Volk im Laufe der Geschichte die nötigen Führer hatte, dieser Gott wird nun durch Maria in die Welt gebracht und er zeigt sich als Immanuel, als Gott-mit-uns.


Liebe Schwestern und Brüder, alle Berufungen Gottes beginnen eigentlich mit dem Wort: „Verlass!“ Lass los – lass die Dinge los – lass die Menschen los – lass auch dich selbst los.
Einmal musst du alles verlassen. Manchmal haben wir da vielleicht Angst, manchmal fühlen wir uns verlassen. Manchmal werden wir vielleicht auch von Mitmenschen und Freunden im Stich gelassen. Manchmal meinen wir, wir sind auch von Gott verlassen, er scheint ganz fern. Da sagt uns das heutige Fest der Geburt Mariens: In Jesus Christus offenbart sich Gott und zeigt auf, dass er der Gott ist, der für immer mit uns sein will. Du bist nicht verlassen, du bist nicht dir überlassen. Du musst nur mir alles überlassen, dich ganz verlassen – auf mich, deinen Gott. Vielleicht gelingt es uns so zu beten: Gott, ich möchte alles lassen. Ich möchte auch mich lassen. Ich möchte mich ganz verlassen – auf dich, dem einzig Verlässlichen.
Mach mich gelassen, so wie Maria und Josef. Zwei gottesfürchtige Menschen, die sich auf Gott verlassen haben.
Amen.

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