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Einiges an Zeit hat Küster Michael Löhr am Freitagabend investiert, um die Stadtpfarrkirche für das Rorate Amt am Samstagmorgen "ins rechte Licht zu rücken." Mehr als 100 Kerzen brannten letztendlich, denn auch die Kerzen der historischen Zunftleuchter waren entzündet und die Gläubigen hatten ebenfalls Kerzen mitgebracht. So standen nicht nur an den Kirchenbänken die flackernden Lichter, sondern auch bei den Gottesdienstbesuchern. Im Kerzenschein der Volks- und der Hochaltar. Gerade hier kamen vor allem die goldglänzenden Engel des Münchner Künstlers Thomas Buscher zur Geltung. Kerzen an der Kanzel und sogar am Taufstein aus dem 17. Jahrhundert.

Eine besondere Note bekam die morgendliche Feier durch den Chor After eight, aber auch durch die Ansprache von Pfarrer Karl Feser, bei dem es um die Vorfreude auf das Weihnachtsfest ging. Der Geistliche erinnerte daran, dass man noch vor einigen Jahrzehnten sich Briefe schrieb, auf Bilder einige Tage warten mussten, bis diese beim Fotogeschäft entwickelt waren. Ganz vorsichtig sei man mit der Schallplatte umgegangen, um sie nicht zu verkratzen. Wenn ein neuer Titel herauskam hatte man den nicht gleich, wie heute am Computer oder Handy zum Herunterladen, sondern musste warten, bis die Platte oder später die CD auf den Markt kam. Heute sie die Welt schnelllebiger geworden und sich wie früher auf etwas zu freuen, sei fast eine Seltenheit, sagte der Geistliche. Sicher suchte der eine oder andere den großen Adventskranz im Chorraum. Dieser ist in diesem Jahr etwas kleiner ausgefallen. Allerdings tat das der adventlichen Stimmung keinen Abbruch. Dafür sorgten vor allem die eindrucksvollen Liedtitel von After eight.

In Bad Königshofen sind die Rorate-Ämter heute noch beliebt, das zeigte sich an den vergangenen Samstagen, auch wenn man dazu bereits um 7 Uhr in der Kirche sein muss. In diesen Messen ist der Vers „Rorate caeli desuper“, das heißt: „Tauet Himmel, von oben, ihr Wolken, regnet den Gerechten: Es öffne sich die Erde und sprosse den Heiland hervor.“ In früheren Jahren wurde dieser Text in Bad Königshofen unter dem Adventskranz gesungen und dann die jeweilige Kerze angezündet. Damals hing der große Adventskranz noch im Mittelgang. Der Rorate-Ruf symbolisiert die sehnsüchtige Erwartung des Volkes Gottes, das die Ankunft des Herrn in Herrlichkeit erwartet. Die Rorate-Messe war bis zur liturgischen Erneuerung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine Votivmesse zu Ehren Mariens, die ursprünglich nur an den Samstagen der Adventszeit, mancherorts aber auch täglich gefeiert wurde. Wegen des dabei vorgetragenen Evangeliums von der Verkündigung des Herrn durch den Engel Gabriel bezeichnete man sie auch als Engelämter.

Aus dem 15. und 18. Jahrhundert stammen bekannte Adventslieder wie „O Heiland reiß die Himmel auf“„ oder „Tauet Himmel den Gerechten“. Selbst das Christus-Oratorium von Franz Liszt beginnt mit der gregorianischen Melodie des Rorate-Eingangsgebetes. Seit wann es diese Rorate-Ämter gibt, ist nicht bekannt. In Bayern jedenfalls sind sie seit dem 15. Jahrhundert nachweisbar. Der Volksglaube schrieb den Rorate-Messen besondere Wirksamkeit zu für die Familie, die Lebenden, die Toten, aber auch für das Vieh sowie für Haus und Hof. Im Mittelalter wurden die Gottesdienste durch szenische Darstellungen erweitert. Der Grund dafür war, dass damals die meisten Menschen nicht lesen konnten. Eine Besonderheit in Bad Königshofen ist auch in diesem Jahr wieder die letzte Rorate. Diese wird vom Gesangverein Harmonia umrahmt und findet am 21. Dezember um 7 Uhr in der Wallfahrtskirche Ipthausen statt.

Autor: Hanns Friedrich

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