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In 40 Pastoralen Räumen wird sich in Zukunft die Seelsorge für die rund 720.000 Katholiken im Bistum Würzburg organisieren. Bischof Dr. Franz Jung hat die Einheiten am Samstag, 24. Oktober, bei einem Diözesanforum im Würzburger Burkardushaus vor rund 50 Vertreterinnen und Vertretern kirchlicher Gremien vorgestellt und Gottes Segen für den weiteren Verlauf des Programms „Gemeinsam Kirche sein – Pastoral der Zukunft“ erbeten. Die Veranstaltung am Fest der Domkirchweihe bezeichnete Generalvikar Domdekan Dr. Jürgen Vorndran als „Richtfest“ der Pastoral der Zukunft. Bis dahin sei es eine Herkulesarbeit gewesen, an der viele auf den unterschiedlichen Ebenen beteiligt gewesen seien.

Großpfarreien werde es in der Diözese Würzburg nicht geben, hob der Bischof hervor. Die etwa 600 Pfarreien des Bistums, die mehrheitlich in etwa 160 Pfarreiengemeinschaften zusammengefasst sind, bleiben bestehen. Bis 2025 sollen die Pastoralen Räume erprobt, überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Kirche dürfe nicht nur um sich selbst kreisen, betonte der Bischof. Das bedeute auch, mit den Menschen in den jeweiligen Lebensräumen in die Abgründe des Lebens hinabzusteigen und sich dort in Frage stellen zu lassen. „Das heißt auch immer wieder, mit Christus die eigene Ohnmacht aushalten zu lernen, damit wir erkennen, dass Gott das Heil schenkt – und nicht wir selbst.“ Der wiederkehrende Christus im Würzburger Dom mache deutlich, dass Gott den Menschen entgegenkomme und sie auffordere, nie stehenzubleiben. Der Bischof mahnte in diesem Zusammenhang eine stärkere Zusammenarbeit von Caritas und Pastoral an.

Die Leitung der 40 Pastoralen Räume sollen sich jeweils drei bis vier Priester solidarisch teilen. Offizial Domkapitular Monsignore Dr. Stefan Rambacher erklärte, diese Möglichkeit der Leitung „in solidum“ sei ausdrücklich im Kirchenrecht vorgesehen. Die gleichberechtigten Priester sprechen die Schwerpunkte dann untereinander ab, einer von ihnen, der zum Moderator ernannt oder gewählt werde, entscheide als „primus inter pares“ in Streitfragen. Die weiteren hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger im Team des Pastoralen Raums sollen nach den Worten von Generalvikar Vorndran diese dabei unterstützen, damit es jeweils ein „Gesicht vor Ort“ gibt. Zudem sei jede Person im Team aufgerufen, im Pastoralen Raum zielgruppenspezifische Angebote zu machen, zum Beispiel für Jugendliche nach der Firmung, junge Paare auf dem Weg zur Ehe oder Trauernde.

Domkapitular Christoph Warmuth von der Hauptabteilung Seelsorge und Programmverantwortlicher erklärte, bis 2022 seien die Pastoralen Räume aufgefordert, in der sogenannten Gestaltungsphase ein pastorales Konzept für ihren Bereich zu umschreiben und Formen der verbindlichen Zusammenarbeit zu etablieren. Ende 2022 werde dann bei einem weiteren Diözesanforum ein Zwischenfazit gezogen, die Implementierungsphase dauere dann bis Ende 2025. Für die Teambildung in den Pastoralen Räumen, aber auch für die Gemeinden und Pfarreiengemeinschaften, die Hilfe beim Einfinden in die neuen Pastoralen Räume brauchen, gibt es begleitende Angebote von Gemeindeberatung, dem Fortbildungsinstitut (fbi) sowie von Supervision und Coaching, die alle in der Hauptabteilung „Bildung und Kultur“ angesiedelt sind. Noch offen ist unter anderem, wie künftig eine mittlere Ebene – die bisherigen Dekanate – zugeschnitten sein und welche Aufgabe sie haben wird. „Das wird auch bei der Wahl eines Laiengremiums auf dieser Ebene und der Satzung hierfür zu berücksichtigen sein“, erklärte Diözesanratsvorsitzender Dr. Michael Wolf.

Eine gewisse Ungleichzeitigkeit im laufenden Prozess und auch einige Fehler attestierte Pastoralreferentin Monika Albert von der Gemeindeentwicklung, bei der die Fäden für „Pastoral der Zukunft“ seit Anfang an zusammenlaufen. Sie sei positiv überrascht vom hohen Grad der Zustimmung, der bei den Voten aus den Seelsorgekonferenzen und den Dekanaten gekommen sei. „Es liegen noch wichtige Klärungen und Beratungen vor uns – was die Gliederung der Räume und die Leitungsmodelle betrifft.“ Dafür sei es wichtig, sich ausreichend Zeit zu nehmen. Sie lobte die Kreativität und Experimentierfreude, die durch die Rückmeldungen aus dem Bistum deutlich geworden sei. Das lasse zuversichtlich und gelassen in die Zukunft blicken.

Domkapitular Thomas Keßler gab 2016 als Generalvikar den Anstoß zur Pastoral der Zukunft. Er verwies im Burkurdushaus auf die 742 erstmals urkundlich erwähnte Pfarrkirche von Brendlorenzen in der Pfarreiengemeinschaft, in der er ab November tätig sein wird. Der romanische Kirchenbau sei zentraler Ort einer Urpfarrei gewesen, deren geographisches Ausmaß gewaltig gewesen sei. Zwar lebten damals deutlich weniger Personen in diesem Einzugsgebiet. Entscheidend sei nach Keßlers Worten aber die Erkenntnis: „Es waren Menschen, die den Glauben weitergetragen haben, auch wenn Priester und Ordensleute damals oft ganz weit weg waren. Dieses Bewusstsein wünsche ich mir für die Zukunft.“

Vier positive Beispiele wurden dem Forum vorgestellt: So wurden in der Pfarreiengemeinschaft „Heilig Geist, Rauhenebrach“ in einer Gemeinschaftsaktion als Antwort auf die Coronapandemie besondere Glückskekse mit aufmunternden Bibelversen gebacken, liebevoll verpackt, mit einem kleinen Gruß versehen und in allen zugehörigen 15 Ortschaften verteilt. Die Pfarreiengemeinschaft „12 Apostel am Tor zum Spessart, Lohr“ erarbeitete das Konzept einer Willkommenskirche. Dazu gehört ein Informationsvideo über die Pfarrkirche und eine umfangreiche Beschilderung. Der Austausch zwischen Kirchenmitgliedern und Touristen soll zudem künftig verstärkt in den Blick genommen werden. Im Pastoralen Raum Sankt Benedikt im Landkreis Kitzingen wurde 2018 bei einer Adventstour durch die 24 damals beteiligten Kirchorte an jedem Tag eine andere Kirchentür geöffnet. Ehrenamtliche gestalteten jeweils einen spirituellen Impuls und boten im Anschluss Gelegenheit zur Begegnung. Im künftigen Raum Bad Kissingen hat das Leitungsteam aus drei Pfarrern, einer Pastoralreferentin und einem Pastoralreferenten aus der personellen Not eine Tugend gemacht: Dort ist seit 2019 durch diese fünf Personen jede der Pfarreiengemeinschaften des Pastoralen Raums im Team repräsentiert.

Im Zuschnitt der neuen Räume sind die unterschiedlichen regionalen Besonderheiten berücksichtigt. Am Untermain befinden sich zwölf, flächenmäßig eher kleinere Pastorale Räume. Das hängt mit der dichteren Besiedlung im Vergleich zum Norden und Osten der Diözese zusammen. Der Landkreis Main-Spessart gliedert sich in vier Einheiten, die Zuschnitt mit den früheren vier Landkreisen identisch sind. Im Großraum Würzburg gibt es sechs Pastorale Räume, im Gebiet von Schweinfurt und den Haßbergen neun, ebenso im Norden des Bistums in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld.

Autor:  Markus Hauck  (pow)

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