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Oftmals Gottesdienste ohne Orgelbegleitung – "Orgelspieler", wie sie im Volksmund genannt werden, sind seit Jahrhunderten Bestandteil der Gottesdienste. Noch vor Jahren war es undenkbar, daß ein Gottesdienst oder eine Andacht nicht von der Orgel begleitet wurde. Das ist nun aber anders, denn Organisten sind zur Mangelware geworden. So auch in der Pfarreiengemeinschaft Grabfeldbrücke

Bad Königshofen/Merkershausen. Vielleicht ist es Ihnen auch schon einmal so ergangen. Sie gehen zu einem Gottesdienst und die Orgel schweigt. Warum? Ganz einfach: die Organisten werden, zumindest in Rhön-Grabfeld zur Mangelware. Am Beispiel der Pfarreiengemeinschaft Grabfeldbrücke, in der acht Gemeinden um Bad Königshofen zusammengefasst sind, wird dies deutlich. Die Organistinnen und Organisten, die kann man hier an einer Hand abzählen. Und diejenigen, die auf der Orgelbank sitzen, haben ganz schön Stress, denn sie sind meist mehr in den Gottesdiensten als die Pfarrer selbst, weiß Hermann Sebald aus Merkershausen. Er dürfte im Grabfeld der gefragteste Orgelspieler sein.

 Betrachtet man seinen Dienstplan erkennt man schnell sein Arbeitspensum: 8.30 Uhr in Leinach, 14 Uhr in Bad Königshofen, zwischendurch um 10 Uhr in Merkershausen und um 18.30 in Eyershausen. Am zweiten Weihnachtsfeiertag zum Beispiel war Sebald sieben Stunden als Organist eingespannt. Der Grund: Es gab eine Beerdigung, danach dann am Nachmittag die Ewige Anbetung. Da muß dann auch ein Organist gedanklich umschalten können, von der Trauer bei einer Beerdigung bis zum Te Deum mit Glockengeläut und allen Registern der Orgel zum Abschluß einer Ewigen Anbetung. "Es ist oft nicht ganz einfach, aber ich mache es ja gerne," sagt Hermann Sebald. Seine Frau weiß das und sie begleitet ihn denn auch zu den einzelnen Gottesdiensten.

 Das zählt dann schon zusammen.  Bis zu 19 Mal spielt Hermann Sebald in den Kirchen von Merkershausen, Leinach, Bad Königshofen, Eyershausen, Sulzfeld, Kleinbardorf, im Elisabethaspital und wo er sonst gebraucht wird.. Verständlich, daß da im Jahr an die 5.000 Kilometer zusammen kommen. Seit 45 Jahren ist er nun Organist, hat das Spiel von Grund auf gelernt und das Orgelspiel liegt ihm ebenso am Herzen wie die Kirchenbesucher. Es sei schließlich doch schöner, wenn die Orgel zu den Liedern spielt. Außerdem lernen die Sebalds dadurch auch viele Leute kennen, werden auch einmal eingeladen oder, es steht, wie kürzlich in Leinach, "ein Bocksbeutel als Dankeschön auf der Orgelbank." Trotzdem gehört schon viel persönliches Engagement dazu, um diesen Dienst auszuführen. Das weiß auch Pfarrer Karl Feser, dessen Auswahl an Organisten nicht gerade groß ist

Er überlegt kurz und vereist dann auf Isabell Weigand, Hermann Sebald, Wilhelm Schmalen und ein paar Organisten, die ab und zu von auswärts noch aushelfen. Gerade an den Wochenenden komme es aber doch immer wieder zu Engpässen, wenn viele Gottesdienste in den Ortschaften oft zeitgleich sind. "Dann ist oft das Problem, daß uns die Organisten fehlen." Der Pfarrer verweist auf den Gottesdienstplan, den er erstellt und der geht dann an Isabell Weigand, die Organistin aus Bad Königshofen. Die wiederum gibt den Plan weiter an die anderen Orgelspieler und versucht eine Einteilung vorzunehmen. Allerdings, sagt Pfarrer Feser habe man noch drei Nachwuchsorganistinnen, die praktisch Orgel gelernt haben. Dazu zählt er Mala Gohar und Martina Brand aus Eyershausen. Derzeit sei man  dabei, diese zu aktivieren, daß die mit einsteigen.

 Martina Brand aus Eyerhausen, die hatte nun am Silvesterabend in der Ortskirche von Eyershausen ihren ersten Einsatz bei der Jahresschlussandacht. Natürlich war sie schon Tage zuvor nervös, schließlich saß sie zum ersten Mal allein auf der Orgelbank. Eigentlich wollte ihr Orgellehrer, Regionalkantor Peter Rottmann dabei sein. Ihm war es aus Zeitgründen aber nicht möglich. Dafür waren aber ihre Eltern dabei, die letztendlich ganz stolz auf das perfekte Spiel ihrer Tochter waren. Schließlich hat sie sich auch entsprechend vorbereitet. In der Woche zuvor saß bis zu eineinhalb Stunden auf der Orgelbank. Kleine Fehler, die können immer noch mit einfließen, sagt sie und auch: "Ich glaube es dauert noch ein wenig, bis ich bei einem Gottesdienst spielen kann."

 Ein Gottesdienst mit Orgelbegleitung, das ist natürlich etwas ganz anderes, als wenn die Gemeinde ohne Orgel singt, sagen die Eyershausener, die vom Orgelspiel ihrer jüngsten Organisten begeistert waren. "Sie hat schön gespielt, gut daß wir wieder Nachwuchs haben. Außerdem sei es mit Orgelbegleitung einfach feierlicher und festlicher. Natürlich müsse man auch den Hintergrund sehen, daß die Organisten auch Zeitprobleme haben und nicht immer dann spielen können, wenn sie schnell gebraucht werden. Zum Beispiel wenn plötzlich Beerdigungen anstehen. Da hilft Küster Mathias Jeger seine langjährige Erfahrung. Er kennt dann doch noch den einen oder anderen, der Orgel spielen kann und ruft ihn an.

 Ist kein Organist zur Stelle, dann muß der Pfarrer dann auch noch dessen Aufgabe übernehmen und die Lieder anstimmen. Pfarrer Karl Feser nennt dies eine zusätzlichen Stressfaktor. Zum einen müsse man sich auf die Liturgie konzentrieren, zum anderen auf die entsprechenden Lieder. Er selbst hat natürlich bereits ein entsprechende Repertoire. Trotzdem komme es dann ab und zu einmal vor, daß er ein Lied anstimmt, daß die Gemeinde nicht kennt. Auch andere Pfarreien haben schon Organistenprobleme und Pfarrer Feser kennt eine Gemeinde, in der es deshalb schon sogenannte "Gitarrengottesdienste" gibt.

 Das Problem mit dem fehlenden Organistennachwuchs kennt auch Peter Rottmann. Er ist Regionalkantor und für die Ausbildung von Organisten in der Diözese Würzburg zuständig. Er spricht von gravierenden Einbrüchen, kennt aber auch die Hintergründe. Vor zehn Jahren hatte er in der gesamten Region etwas 80 Schüler, jetzt sind es nur noch die Hälfte. Der Grund sei für die Schülerinnen und Schüler das Zeitproblem. Peter Rottmann: "Wir sehen die schulische Belastung, wir sehen die Belastung in der Freizeit und da bleibt effektiv weniger Zeit zum Üben am Instrument."   Was die Faszination der Orgel angeht, sei die jedoch nach wie vor ungebrochen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Orgelklasse in Sulzfeld, die vor einigen Jahren gegründet wurde. Hier sei man nun soweit, daß die ersten Organisten an der Orgel spielen können. Bei alledem verweist er aber darauf, daß Orgelspiel bis maximal 45 -50 Jahren erlernt werden kann und dafür Lehrer zur Verfügung stehen. Anmelden kann man sich bei jedem Pfarramt aber auch bei Regionalkantor Peter Rottmann in Münnerstadt.

 

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