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Schwestern und Brüder im Glauben, in dramatisch zugespitzter Form erzählt der Evangelist Johannes die Geschichte von Lazarus: Jesus kommt bewusst zu spät, die Schwestern Marta und Maria haben sich mittlerweile mit dem Tod ihres Bruders abgefunden, die Nachbarn klagen und weinen. Und auch Jesus zeigt seine Menschlichkeit, denn er lässt sich anrühren, auch er weint.

 Doch er bleibt nicht beim Weinen stehen. Obwohl die Lage menschlich gesehen absolut aussichtslos ist, erweist sich Jesus als der Mächtige, als Herr über Leben und Tod und er gibt Lazarus das Leben zurück. Der Name ist Programm: Lazarus, hebräisch Eleazar, – Gott hilft. Erinnert sei hier auch an die Geschichte vom Reichen und vom armen Lazarus im Lk-Ev. Mit der Wunder-Erzählung, die ja immer Deutungsgeschichten des Glaubens sind und keine protokollartigen Berichte, wird uns heute am 5. Fastensonntag mit der Auferweckung des Lazarus schon eine Vorausdeutung gegeben von dem, was wir an Ostern feiern: Gott hilft, Gott führt vom Tod hinüber in das Leben! In einem modernen Lied heißt es: Hoffen wider alle Hoffnung, glauben, dass es dennoch weitergeht. Lieben, wo es beinah nicht mehr möglich, damit die Welt auch morgen noch besteht. (Heinz Martin Longuich 1988) Hoffen wider alle Hoffnung – das ist es, was uns als Christinnen und Christen auszeichnen kann.

Die MISEREOR-Partner in Syrien und im Libanon leben das: -Anoud Raslan, die Frau auf dem MISEREOR-Plakat, ist 38 Jahre alt. Mit ihren fünf Kindern ist die ausgebildete Lehrerin aus Syrien geflüchtet und lebt nun im Libanon, in Beirut. Eine Perspektive zur Rückkehr in die Heimat zeigt sich nicht, ebenso wenig wie ein Weg in ein anderes Land. Sie lebt im Libanon. Eine Heimat wird es für sie nicht, denn sie weiß, dass ihre und die Anwesenheit der anderen Millionen syrischen Flüchtlinge nicht gewollt ist.-In Syrien wiederum arbeitet der Flüchtlingsdienst der Jesuiten als MISEREOR-Partner mit denen, die nicht flüchten konnten oder jenen, die mangels Perspektive und aus der Erfahrung der Ablehnung in ihr Land zurückgekehrt sind, das nicht mehr ihr Zuhause ist. In den Nachbarschaftszentren begegnen sich dann nicht selten unterschiedliche Konfliktparteien. Der Flüchtlingsdienst der Jesuiten schafft Räume, wo diese Menschen einander ihre Geschichte erzählen können. Was sie erlebt haben, welche Verletzungen sie erlebt haben.

Schritt für Schritt ist so unter Begleitung und im Hören aufeinander ein Heilen der schlimmen Erinnerungen möglich. Hoffnung schenken inmitten einer Situation der Hoffnungslosigkeit. Menschen als Menschen sehen lernen und behandeln, ihnen Würde und Respekt geben und mithelfen, dass mit den geflüchteten Kindern und Jugendlichen keine verlorene Generation heranwächst: Nur auf den ersten Blick kleine Schritte zum Frieden – zunächst mit einem friedvollen Ort, dann vielleicht hin zu Frieden im Herzen und im nahen Umfeld. Hoffen wider alle Hoffnung, glauben, dass es dennoch weitergeht. Lieben, wo es beinah nicht mehr möglich, damit die Welt auch morgen noch besteht. Wir haben einen Blick getan in andere Länder. Heute heißt es für uns auch nochmals einen Blick auf unsere Situation hier in Europa und hier bei uns in Deutschland zu werfen.

Wir sind in einer Krise, Corona-Krise. Da stecken sich Menschen mit dem Virus an und es kommt zu einem schnellen Tod, da haben Menschen Angst und Panik und machen sich Sorgen, wir alle sind dazu verdonnert zu Hause zu bleiben, soziale Kontakte zu meiden, Da passt auch das Bild von einem Grab: Abgeschottet und isoliert, eingezwängt und nicht mehr frei. Und da wünschen sich sicher auch viele den Ruf: Komm heraus! Und dennoch zeigt uns das eben Geschilderte, dass in unserer Welt kaum irgendwo Ostern ist. Da werden eher in kleinen Handlungen Steine von Gräbern weggerollt, da wo Menschen einander helfen und unterstützen in der Welt draußen und hier bei uns z.B. durch Nachbarschaftshilfen. Vielleicht wird eher verhalten als laut gerufen: Komm heraus! Aber es gibt sie die Zeichen der Hoffnung. Menschen, die sich einsetzen gegen alle Hoffnungslosigkeit. Es gibt sie die Berufe, die mit einem Mal wichtig sind, systemwichtig sind und die uns neu in den Blick kommen: die Krankenschwester, die Altenpfleger, die Verkäuferin im Laden, der LKW-Fahrer. Berufe, die von ihrer Wichtigkeit her unterbezahlt sind. Die oft übersehen werden. Wenn das Medizinische System und die Betreuung in den Seniorenheime zusammenbrechen, wenn die Einkaufsketten nicht mehr funktionieren, wenn wir nicht mehr versorgt werden mit den Lebenwichtigen Dingen, dann heißt es wirklich gute Nacht, dann gibt es mehr Dunkelheit und Grab als Licht und Leben.

-Michel Constantin, Leiter von Pontifical Mission in Beirut fasst seine Motivation und die seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Bekenntnis zusammen: „Der Glaube gibt eine ungeheure Kraft.“ Suchen wir den Kontakt zu Gott, lassen wir uns den Glauben neu stärken und stärken wir einander. Setzen wir kleine und doch so wichtige Hoffnungszeichen, damit Menschen heute, wie Lazarus und seine Schwestern damals, erfahren können: Gott hilft und wir dürfen hoffen, wider alle Hoffnung und wir dürfen lieben und wir können uns das Unmögliche vorstellen. Die Kraft dazu gibt uns der Glaube. Amen.

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