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Am Mittwoch, 9. November jährt sich zum 78. Mal die Reichskristallnacht. Der damalige national-sozialistische Staat plante das jüdische Volk auszurotten und mit dieser Nacht begann die Umsetzung dieses Vorhabens, der mit dem Mord an über sechs Millionen Juden endete. "Als ein Zeichen des Gedenkens unserer christlichen Gemeinden werden am Mittwoch, um 18 Uhr für fünf Minuten unsere großen Glocken läuten, sagen der evangelische Pfarrer und Initiator der Aktion, Lutz Mertten und sein katholischer Amtsbruder Pfarrer Karl Feser. Die Pfarrer laden gleichzeitig ein, Kerzen in eines der Fester Wohnungen zu stellen, um auf stillem und persönlichem Weg dieser Erinnerung Ausdruck verleihen. Erstmals mit dabei sind in diesem Jahr außerdem die Kirchen im Milzgrund, Sulzdorf an der Lederhecke und im evangelischen Dekanatsbezirk Bad Neustadt, inklusive Münnerstadt.

Der evangelische Pfarrer Lutz Mertten hat dazu ein entsprechendes Plakat entworfen, das darauf  aufmerksam macht. Der Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld, der sich in seiner Satzung ja der Aufarbeitung der Geschichte des Grabfeldes verschrieben hat, stellt auch in diesem Jahr wieder Kerzen, einschließlich Tropfenbecher kostenlos zur Verfügung. Hintergrund ist, dass Kirchen und Geschichtsverein erreichen wollen, dass in der Stadt Bad Königshofen, aber auch im Grabfeld an dieses schreckliche Geschehen erinnert wird.

Im Jahr 2013 fanden zum 75. Jahrestag der Reichspogromnacht verschiedene Feiern auf den israelitischen Friedhöfen statt. "Wir können nicht in jedem Jahr solche Gedenkfeiern organisieren, aber erreichen, dass die Menschen daran erinnern und das kann eben durch eine kleine Kerze sein," sagen Pfarrer Karl Feser und Lutz Mertten. Für beide Pfarrer ist es deshalb keine Frage, dass man als Erinnerung und zum stillen Gedenken an diese schreckliche Nacht vor 78 Jahren,  an diesem 9. November für fünf Minuten die großen  Glocken  der Stadtpfarrkirche und der evangelischen Kirche läutet.

 Auch heute noch erinnert man sich in Bad Königshofen und im Grabfeld an die jüdischen Mitbürger, die hier lebten. In einigen Orten stehen noch die Synagogen, die meist aber anderweitig genutzt werden, In Bad Königshofen erinnert ein Gedenkstein in der Bamberger Straße daran, dass hier bis in die 1950er Jahre eine Synagoge stand, die in der Reichskristallnacht nicht angezündet wurde, aber nach dem Zweiten Weltkrieg leer stand. Sie wurde Mitte der 1950er Jahre  abgerissen und dort eine Tankstelle gebaut. Der Verein für Heimatgeschichte stellt am Mittwoch deshalb als Erinnerung wieder das große Transparent zur Verfügung, das die jüdische Kirche zeigt, die in der Bamberger Straße stand. Es wird an diesem Abend am Rathaus stehen.

Viele Menschen, die Zeugen dieser Zeit waren, leben heute größtenteils nicht mehr. Die Erinnerung müsse aber wach gehalten werden, sagt Pfarrer Lutz Mertten. Er nennt den 9. November auch einen Schicksalstag in der Geschichte des deutschen Volkes. Vor 27 Jahren fiel die Mauer. Auch hier sind die Grenzen längst verschwunden. Kaum gibt es noch Orte, die daran erinnern. Auch das sei es wichtig zu bewahren, was Menschen, Menschen antun. Der 9. November sei deshalb in Deutschland ein besonderer Tag der Erinnerung. Die Kerzen, die für diesen Anlass am kommenden Mittwoch Verwendung finden, sind ab sofort sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche vorhanden. Dort können sie zu den Öffnungszeiten der Gotteshäuser tagsüber abgeholt werden. Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld und beide Kirchengemeinden hoffen, dass am Mittwoch,  9. November in vielen Fenstern der Stadt und des Grabfeldes, wie schon im letzten Jahr, Kerzen leuchten.

Autor: Hanns Friedrich

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