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Das erste was Bürgermeister Georg Rath und Kirchenpfleger Klaus Schmitt beim Öffnen der Schatulle der Kirchturmkugel von Herbstadt in die Hände fiel, war ein Fläschchen "Jägermeister" und "Der ostfriesische Doornkaat". Dann kamen handschriftliche Dokumente, eine Zeitung und ein verrostetes Kästchen zum Vorschein, in dem kleine Zettelchen sowie verschiedene Kreuze in Papier eingewickelt waren. Neben der Kirche von Trappstadt hat nun auch die von Herbstadt weder Kreuz noch Kugel. Beides muß grundlegend renoviert werden. Vor allem die Turmkugel hat stark gelitten. Dort findet man sogar einige Einschusslöcher. "Weil hat immer wieder einmal wohl jemand die Kugel als Ziel für seine Schießübungen genommen," sagt Bürgermeister Georg Rath.

Ganz langsam wurde zunächst aber die noch schwach goldglänzende Turmkugel von ihrem angestammten Platz geholt, nachdem zunächst das große Turmkreuz heraus gezogen worden war. "Wir sind gespannt, welche Dokumente wir dort vorfinden," sagten Bürgermeister und Kirchenpfleger. Mit dabei und ebenso gespannt Architekt Volker Eppler vom Architekturbüro in Heustreu. So war denn auch der erste Blick in die Kugel, als diese am Boden angekommen war. Enttäuscht stellten Schmitt und Rath fest: Da sind ja gar keine Dokumente zu finden." Noch einmal schaut Bürgermeister Georg Rath in die Kugel sieht und findet nichts. Für beide ist das eigentlich nicht möglich. "Da müssen doch Informationen der vergangenen Generationen zu finden sein!"

Die enttäuschten Gesichter der beiden hellen sich auf, als ein Schieferdecker dann vom Gerüst stieg und in der Hand eine Blechschatulle hielt. "Na, da sind ja die gesuchten Unterlagen", sagte Georg Rath. Beim Versuch sie zu öffnen scheiterte man jedoch. So einfach wie in Trappstadt war das nicht möglich. Die Schatulle war fest verschlossen. Mit dem Hammer wurde vorsichtig der Deckel gelöst. Bis zum Rand voll war das Blechrohr dann mit Dokumenten gefüllt. Bürgermeister Georg Rath zeigt dabei auf den Innenteil des Deckels, wo zu lesen ist: Fridolin Lurz  1978 in F. Schwarz. "Ja damals gab es noch die Firma Schwarz in Bad Königshofen," sagte Bürgermeister Georg Rath und erinnerte sich auch, daß es zu dieser Zeit, in den 1979 er Jahren nicht weit von Herbstadt entfernt auch noch die DDR gab. "Das Ende der Welt für uns!" Ebenfalls Geschichte ist dann eine Zeitung "Bote vom Grabfeld". Es war die Heimatzeitung des Altlandkreises Königshofen, die in der heutigen "Zeitung für Bad Königshofen" der Mainpost aufgegangen ist. Schlagzeile am 8. April 1979, einen Tag bevor die Kirchturmkugel wohl wieder aufgesetzt wurde: "Landkreise besser gestellt, als die Gemeinden."

Berichtet wird dabei von einer Sitzung des Kreistages, in der Landrat Dr. Fritz Steigerwald von den bayerischen Landkreisen berichtet." Der Kreistag hatte damals den Kreishaushalt verabschiedet. Die Zeitung berichtet weiter vom Postdienst an Oster und, daß in Sulzfeld ein Pkw gestohlen wurde. Auf der Zeitung ist vermerkt: Gestiftet von dem Junggesellen Berthold Lurz, Herbstadt 77. Weitere Dokumente befassen sich mit der politischen und kirchlichen Lage der Zeit in den 1970er Jahren. Dann entdeckt Klaus Schmitt ein verrostetes Kästchen. Als er es öffnet sind wieder kleine Dokumente zu finden, aber auch extra eingepackte kleine Doppelkreuze, sogenannte Blitzschutzkreuze. Bürgermeister Georg Rath zeigt zwischenzeitlich Architekt Volker Eppler eine Bildzeitung vom Montag, 9. April 1979. Schlagzeile dort: Blutbad bei Khomeini Schah-Schwester befreit. und "Bei Tempo 100 sparen wird zwei Millionen Tonnen. Öl." Fotos mit den Namen derjenigen, die dort abgebildet sind, liegen in der Turmkugel und vieles mehr.

Was der Turmkugelinhalt von Herbstadt sonst noch an Geheimnissen birgt, das soll nun Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert aufarbeiten. Kirchenpfleger Klaus Schmitt wird ihm die Unterlagen geben. Sicher ist bereits, daß, wenn die Kugel wieder aufgesetzt wird, die Bevölkerung zu einem kleinen Fest eingeladen wird. Die Sanierung am Turm geht in Herbstadt zügig voran, wie Architekt Volker Eppler sagte. Derzeit wird hier der Putz abgeklopft und man rätselt noch über die Farbe, die das Zifferblatt der Turmuhr bekommen soll. Schließlich soll die Uhrzeit aus gut lesbar sein, sagt Klaus Schmitt. Die Sanierung der Glockenstuben geht voran, so dass die Arbeiten recht zügig weiter geführt werden. Die gesamte Turmsanierung ist auf rund eine viertel Million Euro beziffert.  Text: Hanns Friedrich

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