So kamen auch in diesem Jahr wieder die Prozessionen von Eichenhausen, Saal und Wülfershausen am sogenannten "Imkerkreuz" zusammen, um die Tradition fort zu führen. Hier gab es einen Gottesdienst, bei dem natürlich auch das Wetter angesprochen wurde. Solche Hagelprozessionen werden in den kirchlichen Unterlagen übrigens als Sonderform der Flurumgänge bezeichnet, bei denen für eine gute Ernte und das Ausbleiben von Schäden gebetet wird. Bekannt ist im kirchlichen Bereich auch das sogenannte Wetterläuten, das allerdings einst unmittelbar bei Gefahr von Unwetter vorgenommen wurde. Die Hagelprozession ist dagegen ein wiederkehrender Ritus im Jahr. An einigen Orten, wie in Wülfershausen ist ein Gelübde nach Hagelschaden als Ursprung für die örtliche Hagelprozession nachweisbar.
Die Bezeichnungen für die Prozession sind regional unterschiedlich. In Bayern spricht man in einigen Gegenden von „Schauerprozession“ am "Schauerfreitag". Mancherorts sind auch die Begriffe „Hagelfeier“ oder „Prozession am Hagelfeiertag“, Feld- oder Flurprozession oder „große Prozession“ üblich. Der Begriff „große Prozession“ bezieht sich dabei darauf, dass die Fronleichnamsprozession im Ort stattfand und die große Prozession einen wesentlich weiteren Weg außerhalb der Ortschaft nahm. Diese heutigen Prozessionen haben ihren Ursprung übrigens in der Antike. Da wurde in vielen Kulturen das Unwetter als eine Strafe der Götter angesehen. Um es abzuwenden, suchte man durch Opferriten die überirdischen Mächte günstig zu stimmen, um gutes Wetter für gutes Wachstum und eine reiche Ernte herbeizuführen und Schaden von den Feldern fernzuhalten.
Gedeihliches Wetter in der Wachstumsperiode von Juni bis September entscheidet auch heute noch darüber, ob im späten Winter und im nächsten Frühjahr noch genügend Vorräte für Mensch und Tier vorhanden sind oder ob, wie in früheren Zeiten, Hunger und damit Krankheit, Tod und Armut zu befürchten waren. Hagelschlag konnte bis zur Gründung von Hagelversicherungen im 19. Jahrhundert den Ruin landwirtschaftlicher Betriebe und Familien bedeuten. Bereits in der frühen Kirche waren Bittprozessionen bekannt. Der heilige Johannes Chrysostomos ordnete im April 399 wegen anhaltenden Regens einen Bittgang an Die „kleinen Bittprozessionen“ an den drei Bitttagen vor Christi Himmelfahrt, wie sie heute auch im Grabfeld noch durchgeführt werden wurden, haben sich über die Jahrhunderte gehalten. 470 wurden sie vom Bischof von Vienne, einem der sogenannten Eisheiligen, eingeführt und verbreiteten sich zunächst in Gallien. In Rom wurden sie unter Papst Leo III. (795-816) übernommen
Der örtliche Ursprung und die Entwicklung der in der Barockzeit in Deutschland verbreiteten Hagelprozession ist nicht erforscht, germanische Wurzeln sind umstritten, heißt es in den Unterlagen. Da wird von einem Flurumritt am Tage vor dem Fest Johannes' des Täufers von morgens 4 bis etwa 14 Uhr berichtet und an einem anderen Ort erhielten die dortigen Schützen für ihre polizeiartige Mithilfe und ihren Aufwand bei der Hagelprozession im 18. Jahrhundert eine Tonne Bier als Vergütung. Vielerorts ist die Hagelprozession heute eine eucharistische Wetterprozession, bei der die Kirchengemeinde betend und singend durch die Felder zieht. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts sind etliche Hagelprozessionen aufgegeben worden, andere zu „Hagelfeiern“ in Form einer Messfeier im Freien ohne Prozession, etwa auf geeigneten Plätzen im Ort oder an einer Kapelle umgewandelt worden. Es ist letztendlich kirchliches Brauchtum, wonach die Bittgottesdienste, mit oder ohne Prozession, nach Möglichkeit erhalten werden sollten. Text: Hanns Friedrich