Die Steinmetzzeichen in der Stadtpfarrkirche interessierten den Kunsthistoriker Klaus Weschenfelder. Dazu kam er nun nach Bad Königshofen.
In einem Buch über die Morizkirche in Coburg hatte der Kunsthistoriker Klaus Weschenfelder sich über Steinmetzzeichen kundig gemacht. Dort fand er nicht nur eine Auflistung verschiedener in Stein gehauene Zeichen, sondern auch den Hinweis auf Königshofen. Dort ist ein „Meister derer Steinmetzen Conz Krebs aus Königshofen“ benannt. Der Stadtrat hatte mit ihm einen Akkord von 1520 Gulden abschlossen. Er hat auch die Zisterne in der Veste Coburg gemacht. Dort ist sein Zeichen zu finden. Benannt wird auch ein Hans Gries, der mit ihm in Coburg arbeitete. Ob beide aber auch an der Stadtpfarrkirche oder am Rathauserker in Königshofen arbeiteten bleibt noch ungewiss.
Klaus Weschenfelder will nun herausfinden, ob eventuell Steinmetzzeichen der Stadtpfarrkirche identisch mit denjenigen sind, die in dem Buch über die Morizkirche in Coburg dargestellt sind. In Bad Königshofen findet man Steinmetzzeichen sowohl am Erker des Rathauses, vor allem aber an und in der Stadtpfarrkirche, mit deren Bau 1442 begonnen wurde. In den Unterlagen ist von 26 Steinmetzen die Rede, die hier gearbeitet haben und deren verschiedene Zeichen in Steine eingeschlagen sind. Sie alle aufzulisten nimmt einige Zeit in Anspruch, bevor man sagen kann, ob Steinmetze aus Königshofen auch in Coburg an der Veste oder der Moritzkirche beteiligt waren.
Steinmetzzeichen gibt es bereits seit der Antike mit zeitlichem Schwerpunkt im Mittelalter. Damit wurden die Steine markiert, an denen der Steinmetz gearbeitet hat. In der Stadtpfarrkirche findet man diese sowohl im Bereich des Haupteinganges aber auch an den Säulen im Gotteshaus selbst. Es sind sogenannte Zunftzeichen, die für den Steinmetzberuf stehen, weiß Klaus Weschenfelder. Diese sind für moderne Archäologen eine wichtige Orientierungshilfe und lassen Rückschlüsse auf die Baugeschichte und die Organisation einer historischen Baustelle zu. Die Zeichen deuten meist auf den Meister aber auch die Familie oder die Werkstatt hin.
Steinmetzzeichen sind heutzutage vergleichbar mit „Strichmännchen“. Das zeigte sich bei einer Kirchenführung in Bad Königshofen mit Kindern. Die Kleinsten sahen die Zeichen aus ihrem Augenwinkel und verglichen sie sogar mit heutigen Verkehrszeichen. „Das ist ein Pfeil nach oben und rechts ein Strich mit einem Querstrich, das würde heißen, dass man geradeaus fahren darf, rechts allerdings die Abbiegespur eine Einbahnstraße ist.“ Gerade an der Stadtpfarrkirche kann man solche Zeichen immer wieder entdecken, die dann auch die Fantasie der Kinder anregen. Diese Steine stammen aus der Zeit, als Steine für Bauwerke noch in Handarbeit mit Hammer und Meißel zurechtgehauen wurden. Es sind also individuelle Signaturen, die eventuell auch bei der Abrechnung eine Rolle spielten.
Bekannt ist auch, dass jeder Lehrling einer Bauhütte nach seiner fünfjährigen Ausbildung sein eigenes Steinmetzzeichen entwerfen und dann auch verwenden durfte. Oftmals konnte man dann daran erkennen, von welcher Bauhütte der Steinmetz stammt. Steinmetze, auch der Stadtpfarrkirche, können durchaus Wanderburschen gewesen sein. Es war ja die Zeit, dass Lehrlinge nach der Ausbildung auf Wanderschaft gingen und dann unterwegs Arbeit fanden und dort ihre Symbole in den Steinen hinterließen. Darauf verweist Alfred Schottner in einer Abhandlung über die mittelalterlichen Dombauhütten. Letztendlich sei es so auch möglich ganze Baumeisterfamilien über viele Jahrhunderte hinweg nachzuweisen. Meist wurden sogar Steinmetzzeichen in einem Wappen auf Schlußsteine angebracht.
Die heutige Steinmetzzeichenforschung stimmt überein, dass diese meist geometrischen, auch monogrammartigen Zeichen als eine Art Gütezeichen zu Abrechnungszwecken erforderlich waren. Nachgewiesen wurde, dass in Steinbrüchen sowohl in der Antike als auch im Mittelalter professionelle Steinmetze arbeiteten. Die ältesten Steinmetzzeichen sind aus dem 12. Jahrhundert.
Autor: Hanns Friedrich