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Noch in den 1970er Jahren standen im Friedhof von Bad Königshofen verschiedene Kriegsgräberkreuze. Sie erinnerten an die Gefallenen im Zweiten Weltkrieg.

Gleich daneben ein eisernes, kunstvoll geschmiedetes Kreuz aus dem 18. Jahrhundert. 1980 wurde es im Auftrag von Albrecht Ort von der Stadt Bad Königshofen von dem gelernten Kunstschmied Klaus Ebner grundlegend restauriert und erneuert. Geblieben ist dieses Kreuz und daneben ein kleines Grab mit einem verwittertem Kriegsgräberkreuz. Die Farbe war verblasst ebenso ein Name nicht mehr lesbar. Allerdings wurde das kleine Grab, das nur eine Gedenkstätte ist, gepflegt. Kaum einer wusste, dass dieses Kreuz an einen evangelischen Pfarrer erinnert.

So auch das Pfarrerehepaar Mertten in Bad Königshofen, die einen Anruf von Wigand Stählin erhielten, der von einer kleinen Gedenkstätte im Friedhof wusste. Ein Anruf beim Vorsitzenden des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld, Hanns Friedrich, und seinem Stellvertreter Reinhold Albert, brachte dann mehr Informationen. Vor Ort besichtigten beide das fast vollkommen verwitterte Kreuz. Fotoaufnahmen brachten dann kaum noch lesbare Fragmente. So den Namen Stählin, Trojzkoj und Russland. Damit stand fest, dass das kleine Grab eine Gedenkstätte an den evangelischen Pfarrer von Königshofen ist.

Der Verein für Heimatgeschichte übernahm die Kosten für die Instandsetzung des Kreuzes und ließ es von dem Bad Königshofener Hobbykünstler Aquilin Büttner, restaurieren. Über Stefan Weigand kam dieser Kontakt zustande. „Uns war daran gelegen kein neues Kreuz zu schaffen, sondern wir haben bewusst das mehr als 80 Jahre alte Holzkreuz belassen,“ sagen die beiden Vorsitzenden. Nun steht es wieder in den Farben schwarz-weiß am kleinen Grab im Bad Königshofener Friedhof.

Der Lions Club Bad Königshofen mit seiner derzeitigen Präsidentin Pfarrerin Tina Mertten hatte Wigand Stählin zu einem Vortragsabend eingeladen. Sein Thema: „Alltagsmut im Dritten Reich“. Der Referent hatte 2016 bereits ein Buch über Hermann Stählin unter dem Titel „Hermann Stählin – Aufbruch ins Leben- Briefe 1927 bis1942.“ Dort berichtete er unter anderem von einem Familientreffen zum 100. Geburtstag von Hermann Stählin, der 1942 an der Ostfront im Zweiten Weltkrieg gefallen ist. Wigand Stählin recherchierte und fand Briefe von Hermann Stählin an seine Eltern auf dem Dachboden. Aufgewachsen im elterlichen Pfarrhaus wurde er evangelischer Pfarrer. Überliefert ist in den Unterlagen, dass er in seinen Predigten bewusst den Konflikt mit dem NS Regime in Kauf genommen hatte.

Was aber hat das mit Bad Königshofen zu tun? Briefe belegen, dass er nach seiner theologischen Anstellungsprüfung am 1. November 1937 das exponierte Vikariat Königshofen im Grabfeld erhielt. Aus seiner Zeit in Königshofen berichtet er in seinen Briefen von einer schönen, aber kalten Kirche und von einem „angesichts der geringen Seelenzahl mit 175 Seelen, nicht schlechtem Gottesdienstbesuch.“ „Ein Siebtel ist beim Krippenspiel aktiv dabei.“ Für seinen Auto, einen Ford Eifel, baute ihm die Gemeinde eine Garage. „Architekten hat es keine, nur so einen Planzeichner und außerdem muss man aufpassen, dass man mit dem Landesamt für Denkmalpflege nicht in Konflikt kommt, wegen Verschandelung des Parkes.“

Das Vikariat Königshofen im Grabfeld umfasste damals 17 Ortschaften. Zahlreiche Briefe schreibt Hermann Stählin an seine Eltern. Oftmals fügt er auch seine Predigttexte mit ein. Hinterlegt ist auch seine Predigt zum Reformationsfest 1941. Dabei nimmt er Stellung zum NS Regime, wenn er schreibt: Das Reformationsfest ist heute zu einem Trauertag geworden. Jesus Christus, der Fürst des Lebens, wird ausgestoßen.“ Eine Predigt, die damals von der Gestapo mitgeschrieben wurde und zu Befragungen des Pfarrers führte. Anfang des Jahres 1942 wurde Hermann Stählin zum Heeresdienst einberufen. Davon ist in den Briefen ebenso die Rede, wie von seinem Abschiedsgottesdienst in Königshofen.

Es folgen Feldpostkarten, in denen sich immer wieder zeigte, dass Hermann Stählin auch als Soldat an der Ostfront bis zuletzt seinen Humor nicht verloren hatte. In seinem letzten Brief an seine Eltern schreibt er, dass ihm Papier und Bleistift ausgehen. Tags darauf.am 5. Juli 1942 stirbt er bei Malo Troizkoje durch einen Kopfschuss und wurde in Kobykin beerdigt. In den Unterlagen fand Wigand Stählin einen entsprechenden Brief mit einem „Lageplan von Hermanns letztem Kampf.“ Zahlreich sind die Kondolenzbriefe an Lisbeth Stählin und auch eine Todesanzeige ist in den Unterlagen. In dieser ist zu lesen: Hermann Stählin M.G. Schütze, Inhaber des Verwundeten Abzeichens, Pfarrer in Königshofen. Gefallen im Süden der Sowjet-Union. „Er starb im Glauben an seinen Gott und in treuer Pflichterfüllung für sein Vaterland. Der Trauergottesdienst in Königshofen fand am 16. August 1942 statt.

Autor: Hanns Friedrich

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