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Das Evangelium von der wunderbaren Brotvermehrung stand im Mittelpunkt der Predigt von Pfarrer Karl Feser am 18. Sonntag im Jahreskreis in der Stadtpfarrkirche Bad Königshofen. Heute würden die Medien Jesus wohl als trickreichen Zauberkünstler feiern. Wichtig sei es aber das Evangelium dahin zu deuten, dass das, was wir von Jesus Christus empfangen an die Menschen weiter gereicht werden sollte.

Der Predigttext von Pfarrer Karl Feser:

Was machen Sie, wenn der Kühlschrank fast leer ist und unerwartet Gäste auftauchen? Manche Menschen kapitulieren sofort, man ruft einen Pizza-Lieferservice an. Nur die wahren Kochkünstler können auch unter solchen Bedingungen noch erstaunliche Menüs hervor zaubern. Doch auch der beste Koch muss aufgeben, wenn die Zahl der Gäste zu groß oder die Menge der Lebensmittel in Kühlschrank und Speisekammer zu gering ist. Dann reicht es eben nicht für alle. Jesus hingegen schafft es, mit nur fünf Broten und zwei Fischen mehrere tausend Menschen satt zu kriegen. Das ist in der Tat eine erstaunliche Nachricht, das wäre nach heutigen Maßstäben eine Schlagzeile wert mit riesigen Lettern in einem Boulevardblatt oder er könnte auf einer Bühne stehen im Scheinwerferlicht.

Es stellt sich die Frage, ob das wirklich das Verständnis des heutigen Evangeliums ist? Hat uns der Evangelist Matthäus Jesus wirklich als trickreichen Zauberkünstler vorstellen wollen, der – mir nichts dir nichts – die Naturgesetze aushebelt, um einer großen Menschenmenge Essen zu geben? Was hat dann so eine 2000 Jahre alte Geschichte noch mit uns heute zu tun? Und welche Botschaft tragen wir zu den Menschen, die heute, im Jahre 2020, an Leib und Seele Hunger leiden? Warum schafft dieser Jesus nicht für alle Menschen zu allen Zeiten genügend Nahrungsmittel herbei? Wenn man den heutigen Text als einen Bericht über faszinierende Zauberkräfte des Menschen Jesus versteht, dann könnte man das Evangelium geradezu als zynisch empfinden: Da führt einer ein einziges mal einen erstaunlichen Trick vor, er schafft es gewissermaßen die Öffentlichkeit zu beeindrucken – und lässt anschließend die Menschen wieder mit all ihrem Hunger und ihrer Not allein. Ist das unser Glaube?

Zum Glück meint es das heutige Evangelium nicht so! Liest man den Text, dieses kunstvolle Stück Literatur aus der Feder des Evangelisten genauer, dann entdeckt man: Hier wird eine Fülle von Zitaten verwendet, es gibt Bilder und Anspielungen, zusammengefügt wie in einer Art „Geheimsprache“. Eine Sprache, die die frühen Christen sofort verstanden haben, die wir Heutigen mit einem Abstand von 2000 Jahren erst verstehen lernen müssen. Liest man den Text, Vers für Vers, dann wird deutlich: Das Heutige Evangelium ist keine historische Reportage. Es ist weder ein Fall für die große Showbühne, noch taugt es für eine Schlagzeile in der Zeitung. Es geht hier vielmehr um ein Glaubenszeugnis: eine Art Gleichnis, das den Glauben in erzählerischer Form in Worte fasst.

Liest man das heutige Evangelium aus diesem Blickwinkel, dann steht Jesus nicht mehr als trickreicher Zauberkünstler da. Ganz andere, zunächst unscheinbare Kleinigkeiten des Textes treten dann nämlich in den Vordergrund. Jesus nahm die fünf Brote und die zwei Fische - und dann heißt es: „Er sprach den Lobpreis und brach die Brote.“ Dasselbe, mit genau denselben Worten, wird am Abend vor Jesu Tod aus dem Abendmahlssaal berichtet: Jesus sprach den Lobpreis und brach das Brot. In Erinnerung an diese Worte feiern wir Christinnen und Christen Sonntag für Sonntag das Abendmahl, die Messfeier als wichtigste Form unseres Glaubens. Das heutige Evangelium verweist uns also auf das, was wir in jeder Messfeier tun: Den Lobpreis sprechen und das Brot brechen und dann das Brot an alle Versammelten austeilen. -Was bedeutet eigentlich: den Lobpreis sprechen und das Brot brechen? Das Wort „Lobpreis“ bezeichnet in der jüdischen Tradition das kurze Gebet vor dem Essen: es ist ein Tischgebet, in dem Gott gepriesen wird und Ihm Dank gesagt wird. Durch das Tischgebet wird deutlich, dass man sich daran erinnert, dass alles, was man zum Leben empfängt, von Gott kommt. All das Schöne, Erfrischende und Sättigende in unserem Leben ist letztlich nicht durch unsere Kraft hervorgebracht, sondern ist schöpferisches Wirken unseres Gottes.

Nur Gottes schöpferisches Wirken gibt uns die Fähigkeit, die Erde zu bebauen und die Speisen zu zubereiten. Nur Gottes schöpferisches Wirken lässt uns leben. Wenn wir den Lobpreis auf Gott sprechen dann bleiben wir nicht bei uns selbst, bei unserer Leistung, bei unserer vermeintlichen Stärke. Wir richten uns vielmehr auf Gott hin aus als den Geber aller Gaben. Wir erinnern uns daran, dass da einer ist, der uns das Leben geschenkt hat, wir drücken Dankbarkeit aus gegenüber dem, dem wir letztlich vertrauen dürfen. Wenn Jesus also im heutigen Evangelium über die Brote den „Lobpreis“ spricht, dann ist das ein Zeichen seiner Dankbarkeit und seines Vertrauens gegenüber Gott. -Was bedeutet es, das Brot zu brechen? Das Brot ist das Zeichen für den Erlöser, der sich im Vertrauen auf Gott und aus Liebe zu den Menschen selbst hingibt, der sich wie Brot brechen lässt. Jesus vertraute so sehr auf Gott, dass ihn auch die Wut der Mächtigen und die Macht des Todes nicht schrecken konnte. Sie konnten seinen Leib vernichten, doch durch die Hingabe des eigenen Lebens wurde Jesus zur Nahrung für die, die an ihn glauben. Er ist den Weg des Gottvertrauens vorausgegangen, den Weg ins ewige Leben beim Vater.

Aus Jesu Hingabe, seiner Bereitschaft, sich von seiner Liebe zu Gott und den Menschen nicht abbringen, sondern sich eher zerbrechen zu lassen, schöpfen viele Menschen bis heute Mut und Kraft. Das heutige Evangelium bezeugt uns also das Gottvertrauen und die Liebe Jesu. Das ist die „wahre Zauberei“, die Jesus anwendet, um die Hungernden satt zu machen. Und siehe da: Es reicht aus für viele Tausende! Denn wenn man Glauben und Liebe verschenkt, werden sie doch nicht weniger. Es bleibt mehr als genug übrig. Niemand muss weggeschickt werden. Dieser eine Mensch, Jesus von Nazareth, so unscheinbar und unbedeutend wie fünf Brote und zwei Fische – macht alle satt durch seinen Glauben und seine Liebe. Das ist die Botschaft, die wir als Glaubende bis heute empfangen, im Wort ebenso wie im Mahl.

Wenn uns diese Botschaft wirklich erreicht, dann werden wir zwar keine Zauberkünstler werden und es wird über uns auch keine Schlagzeilen in der Zeitung geben. Aber wir können beginnen, das, was wir von Jesus Christus empfangen haben, an die Menschen weiterzureichen, so wie die Jünger, die das Brot aus den Händen Jesu weiter reichten. Wir können anfangen, das zu verschenken, was die Menschen von uns brauchen. Das kann ganz handfest Brot und Fisch sein, also Nahrung oder Wasser. Das kann Geld sein als finanzielle Hilfe. Das kann Liebe sein, ein gutes Wort oder ein guter Ratschlag oder sonst irgendwie eine Hilfe. Das kann die Pflege und Heilung von Kranken sein. Das kann die Verkündigung von Glaube und Hoffnung sein. Wo immer uns so etwas gelingt, da wird ein Stück Himmelreich erfahrbar, wie es der Evangelist immer wieder in seinem Evangelium betont. Da geschieht ein Wunder, das größer ist als alle Zauberei. Amen.

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