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Fastenpredigt mit Pfarrerin Tina Mertten – Eine Art Kommunikationszentrum ist der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Dort gibt es viele Mausoleen und die werden als Begräbnisstätte immer beliebter. Damit setzte sich die evangelische Pfarrerin Tina Mertten bei der Fastenpredigt in der Stadtpfarrkirche auseinander. Ihr Thema: Auferstehung ins Leben. Jeder, der schon einmal einen Menschen durch den Tod verloren hat, wisse, dass diese Toten im Leben derer bleiben die um sie trauern.

Oftmals erinnere ein Foto mit Trauerflor an sie, der Besuch am Grab oder auch das Licht am Straßenrand, wenn ein Mensch dort durch einen Unfall gestorben ist. "Mit dem Tod der anderen muss man leben," sagte die Pfarrerin und betete den Psalm 139 in dem die Rede davon ist, dass der Mensch immer in Gottes Hand ist.  Sie verwies auf Todesanzeigen, in denen manchesmal zu lesen ist, dass der Verstorbene "nur auf die andere Seite" gegangen ist. Wichtig sei es, ihn nicht zu vergessen mit ihm zu sprechen, zu lachen und zu beten. Die Frage stelle sich, ob das wirklich so ist. Tina Mertten: Drücken sich hier Menschen um die Erkenntnis, dass der Tod grausam ist? Oder haben sie schon einen ersten Schritt in Richtung gelingender Trauerarbeit getan? Die Pfarrerin sprach eine Fernsehsendung über den Hamburger Friedhof Ohlsdorf, den größten Parkfriedhof der Welt, an. Dort stehen noch einige Mausoleen, aber es gibt keine Angehörigen mehr dazu. Deshalb kann man für diese Mausoleen eine Patenschaft übernehmen. Kein billiges Vergnügen, und zeitaufwendig noch dazu, denn man ist für den baulichen Unterhalt „seines“ Mausoleums verantwortlich, und der Denkmalschutz hat dabei auch noch ein Wörtchen mitzureden. Trotzdem sind die Plätze begehrt.

Dies führe dazu, dass man sich auf dem Ohlsdorfer Friedhof regelmäßig trifft. Die Paten der Mausoleen kehren Laub, schneiden Efeu, flicken Dächer oder pflastern Wege. Oftmals werden danach die Gartenmöbel ausgepackt, und man holt Kaffee und Kuchen und plaudert. Mitten auf dem Friedhof. Nebenan tollen die Enkelkinder über den Rasen. In einem der Mausoleen steht zum Beispiel die Urne eines jungen Mannes, der nicht ins Dunkel wollte. "Also haben seine Eltern ein Mausoleum gepachtet und seine Urne auf den Marmorsims gestellt. Sein Foto haben sie dazugelegt und die Dinge, an denen sein Herz hing." An die 200.000 Euro haben sie schon in die Pflege des Mausoleums gesteckt, hieß es in dem Fernsehbericht und, dass andere Menschen dafür ein Haus bauen. Für die Eltern ist dies ihr Sohn aber wert. Man kann auf dem Friedhof Menschen beobachten, die zu ihren Toten kommen, sich mit ihnen unterhalten. "Ist das nun sympathisch – oder ist das schon verrückt?" fragte Pfarrerin Tina Mertten die Kirchenbesucher.

Menschen haben unterschiedliche Wege, mit dem Tod umzugehen, sagt sie und auch, dass sich die Wissenschaft schon lange dafür interessierte. Dazu gehörte die bekannte Klinikpsychologin Elisabeth Kübler-Ross. Sie unterschied verschiedene Trauerphasen, die Angehörige nach dem Tod eines nahen Menschen durchleben. Elisabeth Kübler-Ross wollte den Trauernden zu ihrem Recht auf Trauer verhelfen. Das wurde oftmals ins Gegenteil verkehrt und man sprach von einer Trauerzeit. Dann sollte man wieder offen für neue Beziehungen sein. Für die Pfarrerin funktioniert dies so aber nicht. Fragen müsse man sich: Was tut der Trauer gut? Bestimmte Orte zu haben im eigenen Leben. Orte, an denen man sich dem Verstorbenen besonders nah fühlt. Orte, an denen man den eigenen Gefühlen Raum geben kann.

In ihrer Fastenpredigt brachte Tina Mertten verschiedene Beispiele der Trauerarbeit: So war es in der Familie Bonhoeffer Brauch, für den ältesten Sohn, der im ersten Weltkrieg gefallen war, an Weihnachten einen geschmückten Zweig vom Christbaum abzuschneiden und ihn auf das Grab zu legen. In einem anderen Fall legte eine Frau eine Art Schatzkiste an, in der sie die schönsten gemeinsamen Erinnerungen aufbewahrte. Die Pfarrerin war sich sicher, dass auch die Zuhörer in der Stadtpfarrkirche so manch eigene Erinnerungen und Gegenstände haben, die sie an ihre Verstorbenen erinnern. Wichtig sei zu wissen, dass Gott die Brücke zu den Toten ist. "Über diese Brücke bleibt immer etwas von ihnen hier in unserem Leben. Und dank dieser Brücke können wir sie ihm getrost in die Hände legen. Das ist nicht verrückt. Das ist unser Glaube."

Musikalisch gestaltet wurde die Fastenpredigt vom evangelischen Flötenchor Sulzdorf an der Lederhecke. Die nächste Fastenpredigt ist am Sonntag, 8. März wieder um 18 Uhr in der Stadtpfarrkirche. Dann ist Pastoralassistent Johannes Krebs zu hören. Sein Thema: "Leiden und Auferstehung - zwei Seiten der einen Medaille."  Text: Hanns Friedrich

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