Predigt zum 10. Sonntag von Pfarrer Karl Feser in der Stadtpfarrkirche Bad Königshofen. An die im Volksmund gebräuchliche Redewendung:
„Den Teufel durch Beelzebub austreiben“ knüpfte Pfarrer Karl Feser an. Dabei nahm er Bezug auf die Bibelstelle im Evangeliumg. Sie mache deutlich, woher dieser Ausspruch her kommt.
Im Evangelium erleben wir, wie Jesus gleich von zwei Seiten aus angegriffen wird. Von seiner eigenen Familie und von den religiösen Autoritäten, die extra von Jerusalem gekommen sind. So Heilig wie wir uns die Heilige Familie vorstellen, war sie gar nicht. Wir hören im Evangelium nach Markus, dass die Mutter und die Brüder vor der Türe auftauchen. Wenn Maria, die Mutter erwähnt wird, ist davon auszugehen, dass der Vater Josef zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebt. Es kommt die Mutter, weil kein Familienoberhaupt mehr da ist.Und den Posten des Familienoberhauptes müsste nun eigentlich Jesus einnehmen, er ist der Erstgeborene. Nun versuchen moderne Exegeten zu rekonstruieren, was da mit Jesus geschehen war. Wahrscheinlich war er als junger Mann auf der Wallfahrt nach Jerusalem und wie er dabei durch die Jordanebene kam ist er auf diesen Exzentriker Johannes der Täufer gestoßen. Jesus hat sich dem
Johannes angeschlossen und ist sein Schüler geworden.
Bei der Taufe im Jordan hatte er nun eine ganz intensive Gotteserfahrung. Er wird von Gott angesprochen: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden!“ Und Johannes bezeugt, dass der Geist Gottes, die Kraft Gottes, auf Jesus herabgekommen ist. Damit bricht Jesus mit seiner Vergangenheit und er wird zum Wanderprediger. Für die Familie bricht damit eine Katastrophe herein.Für einen jungen Mann war es üblich, dass er heiratete, eine Familie gründete, seinen Beruf ordentlich ausübte und zum Unterhalt der Großfamilie beitrug. Israel war damals unter Römischer Besatzung. Jeder Mann zwischen 20 und 40 Jahren musste eine Kopfsteuer bezahlen, neben all den anderen Steuern die auf Gütern zu entrichten waren. Wir können davon ausgehen, dass die Brüder ziemlich sauer waren, da Jesus nun nichts mehr verdiente und sie seine Steuer mit zahlen mussten. Dann hatte Josef ihn jahrelang ausgebildet zum Bauhandwerker und nun wirft er alles hin.
Und nicht nur das. Er sammelt Männer und Frauen um sich, reißt also andere junge Männer auch aus ihrem Beruf heraus und die Frauen aus ihren Familien. Und mit diesen Leuten, Männern und Frauen, zieht er umher. Von reichen Frauen lässt er sich durchfüttern. Das ist einem Skandal gleich. „Er ist von Sinnen, er ist verrückt.“ Man versucht ihn zurück zu holen, bevor er noch mehr Unheil anrichtet und die ganze Familie in ein schräges Licht gerät. Soweit der Konflikt mit der Familie. Nun der nächste Konflikt mit den religiösen Führern. Jesus steht noch ganz am Anfang seines Weges. Aber ein unbeschriebenes Blatt ist er längst nicht mehr. Zwischen Jesus und den Pharisäern und Schriftgelehrten bestand vom Anfang seines öffentlichen Auftretens bereits ein spannungsreiches Verhältnis. Vielleicht hat es damit zu tun, dass Jesus ein Handwerker war und kein Theologe und dass seine Art von Gott zu reden, nämlich als Abba – Pappa, nun doch einen gewissen Respekt Gott gegenüber vermissen ließ und dass er sich mit Leuten einließ, die vom Religiösen her gesehen doch eher am
Rande standen, wenn nicht sogar durch ihre Lebensweise Ausgeschlossene waren.
Zumindest gibt es genug aufzuzählen, das gegen diesen Wanderprediger angeführt werden konnte: Er heilt einen Gelähmten und vergibt ihm die Sünden (Mk 2,5), er nimmt den Zöllner Levi unter seine Jüngerschar auf (Mk 2,14) und er kehrt bei Zöllnern ein und hat Mahlgemeinschaft mit ihnen (Mk 2,15-16). Er fastet nicht nach Vorschrift, so wie es die Pharisäer und auch die Jünger des Täufers taten (Mk 2,18-20), am Sabbat geht der durch die Kornfelder und reißt Ähren ab (Mk 2,23-26), in der Synagoge heilt er am Sabbat während eines Gottesdienstes einen Mann an seiner verdorrten Hand. Langsam scheint es zu reichen und so kommen sie, die Schriftgelehrten aus Jerusalem und sie konstruieren eine Falle. Sie unterstellen ihm, dass er nicht im Namen Gottes die Heilungen vollbringt, sondern im Namen eines Fremdgottes, eines Dämons und darauf steht die Todesstrafe. Und sie sagen: „Er ist von Beelzebul besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus.“
Beelzebul oder Beelzebub 1), das ist der Name für einen Dämon, es ist auch eine andere Bezeichnung für den Teufel. Beelzebul war eigentlich ein Stadtgott von Ekron im Land der Philister. Die Gegner Jesu gehen von der Annahme aus: Es gibt ein Reich des Bösen und Jesus ist sein Agent.In welchem Namen also treibt der Exorzist Jesus die Dämonen aus? Tut er es im Namen eines Fremdgottes, dann ist ihm das Todesurteil sicher! Schlagfertig verteidigt sich Jesus:
Jedes Sozialgefüge ob nun Familie oder ein Reich, kann nur bestehen wenn man sich nicht gegenseitig kaputt macht. Einheit ist wichtig, nicht Zwiespalt. Wenn also das Reich des Bösen gegen sich selbst kämpft, dann kann dieses Reich nicht bestehen. Und sein zweites Argument: Dämonen sind wie Plünderer. Diese fesseln erst den Hausbesitzer, bevor sie alles ausplündern. Jesus aber ist der, der die Fesseln löst, er ist der Er-löser. Dadurch werden die Menschen wieder fähig, ihre bösen Geister hinauszuwerfen. Und Jesus holt zum Gegenschlag aus und der Vorwurf wird umgekehrt und auf jene gewendet, die sich Jesus und seiner Lehre verschließen. Wenn diese nämlich sagen, Jesus sei von einem unreinen, einen bösen Geist besessen, leugnen sie damit den Heiligen Geist, den Geist Gottes, die Kraft Gottes, die auf Jesus ruht (Mk 1,10) und die ihn antreibt (Mk 1,12).
Also machen sich die Gegner Jesu der Gotteslästerung schuldig, weil sie sich hartnäckig weigern, Gottes Wirken im Wirken Jesu anzuerkennen. Und dieses Wirken Gottes durch Jesus wird deutlich in der Heilung der Menschen und in der Sündenvergebung, die Jesus den Menschen im Namen Gottes zusagt.
Die eigentliche Verkehrung betreiben also jene, die den Heiligen Geist Gottes, unter dessen Maßgabe Jesus wirkt und lehrt, als unreinen Geist lästern. Wer dies tut und den Heiligen Geist lästert, dessen Sünde wird nicht vergeben. Jesus wird also völlig verkannt. Ihm dem Geist-Erfüllten wird von der Familie vorgeworfen er sei von allen guten Geistern verlassen. Und die andere Seite, die religiösen Führer unterstellen ihm, dass er mit den Dämonen, mit den bösen Geistern zusammenarbeitet. Beide Gruppen verkehren die Vollmacht Jesu ins Gegenteil. Nun gibt es aber eine Gruppe, die zu Jesus hält. Es ist die Volksmenge, die sich im und um das Haus versammelt hat, in dem sich Jesus mit seinen Jüngerinnen und Jüngern aufhält.
Und das Evangelium lädt uns ein, dass wir uns mit dieser Volksmenge identifizieren. Und Jesus blickt uns an, so wie die Menschen damals, die sich um ihn versammelt hatten und er sagt zu uns: „Ihr hier seid meine Schwestern und Brüder.“ Und was ist die Voraussetzung dafür? Dass wir den Willen Gottes tun.
Das heißt zum einen: Nur wer sich vorbehaltlos auf seine Gottesbotschaft einlässt und in seine Nachfolge tritt, kann für sich beanspruchen, zu ihm zu gehören, also sein An-Gehöriger zu sein. Zum anderen heißt es: Dass wir glauben, Jesus ist vom Heiligen Geist erfüllt, für uns ist er zum Heiland geworden, zum Heilenden und dass er unser Erlöser ist.
Amen.